Berlin (epd). Bei der für diesen Mittwoch geplanten Abstimmung im Bundestag über ein drittes Bevölkerungsschutzgesetz zur Bewältigung der Corona-Pandemie ist mit deutlicher Kritik von der Opposition zu rechnen. Der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Fraktion, Marco Buschmann, bezeichnete den Regierungsentwurf am Dienstag in Berlin als "Feigenblatt" und forderte, "das Parlament in den Pilotensessel zur Bekämpfung der Pandemie zurückzuführen". Die von der Koalition geplanten Gesetzesänderungen beließen Entscheidungen über Anti-Corona-Maßnahmen weiterhin in den Händen der Regierungen in Bund und Ländern und drängten das Parlament an den Rand, kritisierte Buschmann. Hauptgrund sei die Unbestimmtheit der Regelungen.
Schulschließungen etwa müssten besonders gut begründet werden, sagte Buschmann. Die FDP will dem Bundestag am Mittwoch einen eigenen Entwurf zur Abstimmung vorlegen, demzufolge die Eingriffe des Staates in die Grundrechte der Bürger sich in drei Stufen nach der Infektionslage richten müssen. Zur Abwägung sind nach Auffassung der Liberalen mehr Kriterien zu berücksichtigen als die Infektionszahlen. Ihr Gesetzentwurf sieht außerdem einen Entschädigungsanspruch für Betriebe und Einrichtungen vor, die zum Schutz der Allgemeinheit geschlossen werden, wie derzeit die Gastronomie und die Kultureinrichtungen. Es dürfe nicht dabei bleiben, dass Branchen, die ein Sonderopfer zur Bekämpfung der Pandemie bringen müssten, für Hilfen vom guten Willen des Finanzministers abhängig seien, erklärte Buschmann.
Der stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Stephan Thomae kritisierte das Eilverfahren zur Verabschiedung des Gesetzes, demzufolge Bundestag und Bundesrat am selben Tag entscheiden sollen. Dreimal habe seine Fraktion eine Verschiebung beantragt, insbesondere nachdem Sachverständige in der Bundestagsanhörung heftige Kritik an dem Entwurf geübt hatten. Stattdessen hätten Union und SPD den Oppositionsfraktionen am Montag 16 eigene Anträge übermittelt, sagte Thomae. Es sei zwar gut, dass man auf die Kritik mit Änderungen reagiere, doch sei das Vorgehen insgesamt "ein bisschen skrupellos."
Mit dem dritten Bevölkerungsschutzgesetz sollen zum einen die Verordnungen der Länder auf eine klarere gesetzliche Grundlage gestellt werden, über die das Parlament entscheidet. Zum anderen enthält es konkrete Änderungen für die kommenden Monate der Pandemie. So soll es der Vorbereitung von Impfprogrammen dienen und die Regelungen für den Reiseverkehr anpassen. Der Quarantäne-Verdienstausfall nach vermeidbaren Reisen wird gestrichen. Eltern, die Kinder in Quarantäne betreuen, sollen hingegen eine Entschädigung für den Lohnausfall erhalten.
Eigene Anträge zu dem Gesetzesvorhaben liegen auch von den Linken, den Grünen und weitere fünf von der AfD-Fraktion vor. Der namentlichen Abstimmung über den Regierungsentwurf soll eine einstündige Debatte vorausgehen.