Düsseldorf (epd). Eine von der gewerkschaftseigenen Hans-Böckler-Stiftung geförderte Studie empfiehlt die Abschaffung des Systems der Fallpauschalen bei der Finanzierung von Krankenhaus-Behandlungen. Dieses System habe "sehr problematische Entwicklungen ausgelöst oder verstärkt wie etwa eine dramatische Unterbesetzung in der stationären Krankenpflege", heißt es in der am Donnerstag in Düsseldorf veröffentlichten Untersuchung. Ein neues Vergütungssystem solle von einer qualitätsorientierten staatlichen Krankenhausplanung ausgehen und die wirtschaftliche Sicherheit aller als bedarfsgerecht eingestuften Krankenhäuser gewährleisten.
In der stationären Krankenpflege fehlten mindestens 100.000 Vollzeitstellen, sagte der Autor der Studie, Gesundheitswissenschaftler Michael Simon. Die negativen Konsequenzen für Patienten und Patientinnen seien dokumentiert. Außerdem habe das seit gut 15 Jahren angewendete Fallpauschalen-System eine Privatisierungswelle angeschoben. Dadurch gebe es erstmals in der Bundesrepublik weniger Allgemeinkrankenhäuser in öffentlicher Trägerschaft als Kliniken, die zu privaten gewinnorientierten Konzernen gehörten. Dieser Trend könne sich verschärfen, wenn Einnahmeausfälle durch die Corona-Pandemie nicht ausreichend ausgeglichen würden, warnte Simon.
Das Fallgruppen-System fasse Patienten mit teilweise sehr unterschiedlichen Diagnosen und Behandlungsarten zu gleichen Gruppen zusammen. So entstünden Kostenunterschiede, "die es für Krankenhäuser lukrativ machen, selektiv nur wenig kostenaufwändige Patientengruppen zu behandeln und die anderen entweder abzuweisen oder an andere Krankenhäuser weiterzuleiten", kritisierte der Gesundheitswissenschaftler.
Der Forscher begrüßte die in diesem Jahr erfolgte Ausgliederung der Pflegebudgets aus dem System der Fallpauschalen, um den "eklatanten Personalmangel" zu mildern. Nach diesem ersten Schritt solle die Gesundheitspolitik nach Worten Simons "jetzt konsequent umsteuern und das System vollständig abschaffen".
Laut der Analyse machen die sogenannten DRG-Fallpauschalen gegenwärtig rund 70 bis 90 Prozent der Klinikbudgets aus. Die Höhe der Pauschalen wird jährlich neu kalkuliert auf Basis der durchschnittlichen Behandlungskosten, die in 250 bis 300 Kliniken erhoben werden. Aktuell gibt es einen Katalog von rund 1.300 Fallpauschalen.