Berlin (epd). Bei mutmaßlich rassistisch motivierten Polizeieinsätzen gibt es erhebliche Wahrnehmungsdiskrepanzen zwischen Beamten und Betroffenen. Das ist das Ergebnis einer neuen, nichtrepräsentativen Studie des Kriminologen Tobias Singelnstein der Ruhr-Universität Bochum, die am Mittwoch in Berlin vorgestellt wurde. Untersucht wurden dabei die Erfahrungen unterschiedlicher Gruppen mit der Polizei: sogenannte People of Color (PoC) - also Menschen, die als nichtdeutsch wahrgenommen werden - sowie Menschen mit Migrationshintergrund und Menschen ohne Migrationshintergrund.
Befragt wurden für die Studie den Angaben zufolge online 3.373 Personen sowie in Einzelinterviews mehrere Vertreter der Polizei, von Opferberatungsstellen und der Zivilgesellschaft.
Demnach nehmen Polizisten ihr Verhalten häufig als nicht diskriminierend wahr, wie der Kriminologe Singelnstein sagte. Insbesondere People of Color seien dagegen "sehr sensibel" und hätten "besondere Antennen" für diskriminierendes Verhalten. Im Konfliktfall mache diese Perspektivendiskrepanz "eine Verständigung über die Situation sehr schwierig", betonte er.
Die Studie "Rassismus und Diskriminierungserfahrungen im Kontext polizeilicher Gewaltausübung" wurde erstellt vor dem Hintergrund der Debatte um möglichen Rassismus in der Polizei. Neben dem Kriminologen Singelnstein sprachen sich am Mittwoch auch die Soziologin und Professorin an der Polizeiakademie Niedersachsen Astrid Jacobsen sowie der Düsseldorfer Rechtsanwalt Blaise Francis El Mourabit für eine deutliche Ausweitung der Forschung zu dem Thema aus.