Mannheim (epd). Politikwissenschaftler der Universität Mannheim haben wenig Anzeichen für Demokratiemüdigkeit unter Europas Bürgern gefunden. In zwei in diesem Jahr fertiggestellten Studien stellen sie fest, es sei "ein Mythos", dass sich die Menschen reihenweise von der Demokratie abwenden. Studienautor Alexander Wuttke sagte am Montag: "Von einer Demokratie ohne Demokraten sind wir weit entfernt." In Europa deuteten alle verfügbaren Zahlen darauf hin, dass die Menschen weiterhin vom demokratischen System überzeugt seien.
Allerdings stellen die Wissenschaftler auch fest: Ob die Bevölkerung im Zweifelsfall auch bereit sein wird, das demokratische System auf der Straße oder an der Wahlurne zu verteidigen, hänge davon ab, ob ihnen demokratische Prinzipien wichtiger sind als parteipolitische Vorlieben. Demokratietreue sei für die Wähler nur eines von mehreren Kriterien bei der Wahl einer Partei oder Person.
In 18 untersuchten europäischen Ländern sei die Unterstützung für die Demokratie auf hohem Niveau konstant. "Vereinzelte Anzeichen für eine zunehmende Offenheit gegenüber nicht-demokratischen Regierungsformen" gebe es in nur wenigen Ländern.
Demokratien seien dann stabil, wenn Bürger bereit seien, ihr Recht auf Selbstregierung zu verteidigen, so die Mannheimer Wissenschaftler weiter. In Italien beispielsweise sei jedoch im letzten Jahrzehnt der Anteil von "Pseudodemokraten" gewachsen. Das sind Personen, die zwar nach eigenen Angaben das demokratische System unterstützen, sich aber gleichzeitig ein System mit starkem Führer ohne Parlamente wünschen.
In Deutschland befürworten den Wissenschaftlern zufolge 98 Prozent der Bürger das demokratische System als solches. Auch zwischen den Generationen ließen sich darin keine nennenswerten Unterschiede feststellen.