Leipzig (epd). Nach der aus dem Ruder gelaufenen Anti-Corona-Demonstration am Samstag in Leipzig hat Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) Kritik an Land, Bund und Justiz geübt. "Ich bin stinksauer, weil man die kommunale Ebene alleingelassen hat", sagte er der "Leipziger Volkszeitung" (Montag). Zudem sei er "empört über den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts", die Demonstration in der Innenstadt zu erlauben. Dies sei "fern jeglicher Realisierbarkeit" gewesen. Die Stadt hatte sie am Freitag auf die Neue Messe verlegt.
Der Staat habe am Samstag "faktisch fast kapituliert", die Polizei sei überfordert gewesen, sagte Jung. "Im Nachhinein muss man sagen: Die Veranstaltung hätte gar nicht starten dürfen, weil sofort klar war, dass man sich überhaupt nicht an die Regeln hält", übte er mit Blick auf die späte Verlegung auch Selbstkritik.
Jung kritisierte, die Bundesregierung habe es immer noch nicht geschafft, das Verhältnis zwischen dem Recht auf Leben und dem Versammlungsrecht zu klären. Als Präsident des Deutschen Städtetags werde er weiter auf gesetzliche Klarheit zu Versammlungen in der Pandemie drängen, betonte er.
In Leipzig waren am Samstag Zehntausende Menschen aus ganz Deutschland einem Demonstrations-Aufruf der "Querdenken"-Bewegung gefolgt. Auch Hooligans und Rechtsextremisten waren dabei, Abstände und Maskenpflicht wurden missachtet. Die Stadt beendete die Demonstration nach zweieinhalb Stunden wegen der Missachtung von Auflagen. Daraufhin durchbrachen Teilnehmer eine Polizeisperre und zogen trotz Verbots ungehindert um die Innenstadt, Polizisten und Medienvertreter wurden verletzt.