Frankfurt a.M., Naypyidaw (epd). Bei den Parlamentswahlen in Myanmar hat sich am Sonntag eine hohe Wahlbeteiligung abgezeichnet. Trotz der Corona-Pandemie bildeten sich unter anderem in der früheren Hauptstadt Rangun, der zentral gelegenen Stadt Mandalay sowie in abgelegenen Regionen wie dem nördlichen Kachin-Staat lange Schlangen vor den Wahllokalen, wie das Magazin "Irrawaddy" (Online) berichtete.
Angetreten waren mehr als 90 Parteien. Prognosen zufolge hat die regierende "Nationale Liga für Demokratie" (NLD) unter Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi die besten Chancen auf einen erneuten Sieg. Vor fünf Jahren hatte sich die NLD klar gegen die militärtreue USDP durchgesetzt. Nach offiziellen Angaben waren mehr als 37 Millionen Wahlberechtigte registriert, darunter fünf Millionen Erstwähler.
Auf Unions-, Bundesstaats- und regionaler Ebene waren insgesamt 1.171 Mandate zu vergeben. Allein das Zweikammer-Parlament in der Hauptstadt Naypyidaw umfasst 664 Sitze. Laut der Verfassung von 2008 ist ein Viertel von vornherein für das Militär reserviert. Damit hat die Armee ein Vetorecht und kann wichtige Entscheidungen blockieren, darunter geplante Verfassungsänderungen.
Während Suu Kyi in Myanmar bei vielen als Favoritin galt, hat ihr Ruf insbesondere international gelitten: Wiederholt hat die 75-jährige De-facto-Regierungschefin die Offensiven des Militärs gegen die muslimischen Rohingya verteidigt und Völkermord-Vorwürfe zurück gewiesen.
Kritiker bezeichneten den Urnengang schon im Vorfeld als wenig frei und fair. Da Myanmar die Rohingya nicht als Staatsbürger anerkennt, waren diese von der Abstimmung ausgeschlossen. Das betraf sowohl die im Bundesstaat Rakhine verbliebenen 600.000 Angehörigen der Volksgruppe als auch die etwa eine Million Rohingya-Flüchtlinge im Nachbarland Bangladesch. Zudem durften etwa 1,5 Millionen weitere Menschen in von ethnischen Minderheiten bevölkerten Konfliktregionen nicht wählen.
"Der derzeitige Wahlprozess legitimiert und verschärft die schmerzhafte Diskriminierung und den systemischen Rassismus, denen ethnische und religiöse Minderheiten seit Jahrzehnten ausgesetzt sind", erklärte die Menschen- und Bürgerrechtsorganisation "Progressive Voice". Auch Presse- und Meinungsfreiheit bleiben stark eingeschränkt. Im buddhistisch dominierten Myanmar sind es erst die zweiten Wahlen seit dem offiziellen Ende der Militärherrschaft. Von 1962 bis 2011 waren im früheren Birma wechselnde Militärs an der Macht. Die USDP-Regierung, die im Frühjahr 2011 ihr Amt antrat, war nur nach außen zivil. Sie bestand vorwiegend aus Ex-Generälen. Der Urnengang im November 2010 war als Farce kritisiert worden, die NLD hatte ihn wegen restriktiver Wahlgesetze boykottiert.