Forscher: Digitale Medien können analogen Unterricht nicht ersetzen

Hofgeismar (epd). Digitale Medien können nach Auffassung des Bremer Hirnforschers Gerhard Roth den direkten Kontakt zwischen Lehrer und Schüler nicht ersetzen. Insbesondere die nonverbale Kommunikation wie Blickkontakt, Mimik und Gestik sei digital kaum möglich, eine Beziehung zwischen Lehrenden und Lernenden werde so nicht aufgebaut, sagte Roth am Samstag auf der Online-Tagung "Das Ende der Kreidezeit - Digitalisierung als Herausforderung für die Schule der Zukunft" der Evangelischen Akademie Hofgeismar. Ein persönlichkeitszentrierter Unterricht sei durch digitale Formate daher kaum zu ersetzen. "Das ist kein lebendiger Unterricht", sagte er.

Lehren und Lernen sei eine Sache des Vertrauens, sagte Roth. Kompetenz, Vertrauenswürdigkeit und Feinfühligkeit, die ein Lehrer haben müsse, könnten nicht vorgetäuscht werden. Die Wirkung einer Lehrerpersönlichkeit entfalte sich auch durch Körpersprache und -signale. In digitalen Medien aber sei etwa ein direkter Augenkontakt kaum möglich, die Stimme werde über Lautsprecher zudem verfremdet. Hinzu komme oft eine fehlende Synchronizität zwischen Bild und Ton, was irritierend sein könne.

Allerdings seien digitale Medien für den Unterricht keineswegs durchweg schlecht, fuhr Roth fort. So seien Gruppenarbeiten, Einzelarbeiten und vor allem auch Wiederholungen sehr gut mit Hilfe digitaler Medien zu leisten. Roth plädierte für eine sorgfältig entwickelte Mischung zwischen personenzentriertem und digitalem Unterricht. Grundsätzlich hänge aber auch hier sehr viel vom Lehrer ab, der etwa das selbstständige digitale Lernen der Schüler überprüfen müsse. Langfristig werde man um eine Digitalisierung im Schulunterricht nicht herumkommen. Allerdings seien viele Schulen in dieser Hinsicht nur unzureichend ausgestattet.

Die gegenwärtigen Bestimmungen, die wegen der Corona-Pandemie für Schüler ab der 5. Klasse sowie für Lehrpersonen einen Mund-Nasen-Schutz vorsehen, bezeichnete Roth als für den Unterricht sehr hinderlich, da so die nonverbale Kommunikation stark eingeschränkt werde. "Eigentlich ist das eine Katastrophe", sagte er. Zum Schutz der Gesundheit müsse dies aber sein.