Tausende "Querdenker" demonstrieren in Leipziger Innenstadt
Die "Querdenken"-Demo in Leipzig durfte in die Innenstadt, ein Gericht hatte es erlaubt. Und wie von der Stadt erwartet, war dann der zentrale Augustusplatz zu klein für die vielen Menschen. Abstände und Maskengebot wurden missachtet.

Leipzig (epd). In Leipzig haben am Samstag Tausende Gegner der Anti-Corona-Maßnahmen demonstriert. Wie von der Stadtverwaltung vorausgesehen, reichte der zentrale Augustusplatz für die Masse der Angereisten nicht aus. Die Veranstalter der "Querdenken"-Bewegung riefen wiederholt dazu auf, auch in die Nebenstraßen auszuweichen und friedlich zu bleiben. Unter den Demonstranten befanden sich Neonazis, Verschwörungsideologen und Hooligans, vereinzelt waren auch Deutschland- und Reichsflaggen zu sehen.

Die Polizei rief per Lautsprecher dazu auf, sich an die Maskenpflicht zu halten und den Mindestabstand von anderthalb Metern zwischen den Teilnehmern zu wahren. Dennoch hielt sich die große Mehrzahl der Demonstranten nicht an die Auflagen. Die Polizei, die mit zahlreichen Kräften aus mehreren Bundesländern und von der Bundespolizei im Einsatz war, schritt bis zum Nachmittag jedoch nicht dagegen ein.

Am frühen Nachmittag kam es zu Zusammenstößen zwischen Neonazis und Hooligans auf der einen und der Antifa-Szene auf der anderen Seite. Die Polizei versuchte, dazwischenzugehen und die beiden politischen Lager zu trennen.

Die Stadtverwaltung hatte die Demonstration am Freitag wegen der erwarteten großen Teilnehmerzahl zunächst auf das Gelände der Neuen Messe am Stadtrand verlegt. Das Verwaltungsgericht Leipzig hatte einen Eilantrag der Veranstalter gegen die Verlegung bestätigt. Am Samstagmorgen kippte das sächsische Oberverwaltungsgericht (OVG) als nächste Instanz jedoch die Verlegung und ließ die Demonstration in der Innenstadt zu (AZ: 6 B 368/20).

Da es sich um einen sogenannten Tenorbeschluss handelte, lagen die genauen Gründe für den Beschluss des Gerichts zunächst nicht vor. Das OVG beschränkte die Teilnehmerzahl für die Demonstration auf maximal 16.000, wies auf die Pflicht zum Tragen von Mund-Nasen-Bedeckungen hin und dass eine mögliche individuelle Befreiung davon "durch ärztliche Originaldokumente nachzuweisen" sei.

Die "Querdenker" strebten auch einen Aufzug über den Innenstadtring nach dem Vorbild des Massenprotests gegen die DDR-Führung im Herbst 1989 an. Die sächsische Corona-Verordnung lässt jedoch nur "ortsfeste" Versammlungen zu. Das OVG bestätigte das Verbot bewegter Aufzüge am Samstagvormittag und wies eine in der Nacht gegen 23 Uhr eingelegte und am Samstagmorgen gegen 8.30 Uhr begründete Beschwerde dagegen zurück (AZ: 6 B 367/20).

Die Berliner Juristin und FDP-Politikerin Karoline Preisler sagte dem Evangelischen Pressedienst (epd) am Rande der Demonstration, ihr sei es gerade an diesem Tag wichtig, in Leipzig zu sein, da hier vor 31 Jahren Menschen gegen die DDR-Diktatur auf die Straße gegangen seien. Demonstranten, die behaupteten, heute in einer "Corona-Diktatur" zu leben, "sollen mal bitte mit Leuten sprechen, die vor 31 Jahren hier dabei waren", sagte Preisler, die selbst aus der DDR stammt.

Die Politikerin, die sich im März mit dem Coronavirus infiziert hatte und bis heute an den Folgen leidet, trug ein Schild mit der Aufschrift: "Ich hatte Covid-19 und mache mir Sorgen um Euch." "Wir müssen im Gespräch bleiben", sagte sie dem epd mit Blick auf die Demonstranten. Die Stimmung sei jedoch "genauso aggressiv" wie bei den ersten großen "Querdenken"-Demonstrationen in Berlin.