Oldenburg (epd). Die Taten des Patientenmörders Niels Högel können weiter aufgearbeitet werden. Das Oberlandesgericht Oldenburg bestätigte die Unbefangenheit der Richter in einem aktuellen Strafverfahren gegen Mitarbeiter des Klinikums Oldenburg, die möglicherweise eine Mitverantwortung tragen, wie das Gericht am Freitag mitteilte. Vier der Mitarbeiter hatten die Richter des Schwurgerichts zuvor wegen Befangenheit abgelehnt. Das Strafverfahren vor dem Oldenburger Landgericht könne jetzt mit der Entscheidung über die Eröffnung des Hauptverfahrens fortgesetzt werden, hieß es (Az: 1 Ws 140/20 und 1 Ws 362/20).
Die Angeschuldigten hatten die Richter zunächst vergeblich beim Landgericht wegen einer möglichen Befangenheit abgelehnt. Sie argumentierten, die Richter verfügten aus dem von ihnen geführten Mordprozess gegen Högel über ein Vorwissen. Dies wies das Landgericht jedoch zurück. Gegen diese Entscheidung legten sie daraufhin Beschwerde beim Oberlandesgericht ein. Dessen 1. Strafsenat habe nun die Entscheidung des Landgerichts bestätigt, erläuterte das Gericht. Es liege kein Grund für die Annahme vor, dass die Richter des Schwurgerichts nicht neutral und unparteilich urteilen würden.
Weder durch die ergangenen Urteile noch aus sonstigen Äußerungen der Richter ergäben sich unnötige oder gar unsachliche Werturteile über einen der jetzt Angeschuldigten, hieß es. Es gebe keine Anhaltspunkte dafür, dass sich die abgelehnten Richter bereits im Vorfeld eine endgültige Überzeugung von der Schuld der Angeschuldigten oder sonst eine abschließende Meinung über sie gebildet hätten. Auch die vom Vorsitzenden Richter Sebastian Bührmann im Prozess gegen Högel angeordnete Schweigeminute für die exhumierten Toten ändere dies nicht, hieß es weiter.
Der ehemalige Krankenpfleger Niels Högel war Anfang Juni 2019 wegen 85-fachen Mordes an Patienten zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Er hatte nach Überzeugung des Gerichts seine Patienten mit Medikamenten vergiftet, die zum Herzstillstand führten, um sie anschließend reanimieren zu können. So wollte er vor Kollegen als kompetenter Retter glänzen.