Düsseldorf (epd). Der Deutsche Lehrerverband bemängelt nicht ausreichende Hygienekonzepte für Schulen während der Corona-Pandemie. Das Grundproblem an den Schulen sei, "dass die Politik nach dem Wegfall der Abstandsregel in jetzt wieder vollen Klassenzimmern kein wirklich überzeugendes Hygienekonzept entwickelt und umgesetzt hat", sagte der Lehrerverbandspräsident Heinz-Peter Meidinger der Düsseldorfer "Rheinischen Post" (Freitag). "Wer Schulen offenhalten will, muss auch alles dafür tun, dass der Unterrichtsbetrieb sicher ist." Da beobachte er derzeit "ein Komplettversagen der Bildungspolitik".
Ein erneutes Schließen von Schulen würde nach Einschätzung des Deutschen Lehrerverbandes zu erheblichen Lernrückständen führen, warnte Meidinger. Die Monate des Lockdowns und der anschließenden Phase des Wechselbetriebs hätten bereits bei vielen Schülern zu erheblichen Lernrückständen geführt, "die nicht so ohne weiteres, sozusagen nebenbei mit Bordmitteln, aufzuholen sind". So könnten es in den nächsten Jahren immer mehr Schulabsolventen geben, denen wegen der Corona-Krise deutlich weniger Wissen und Kompetenzen vermittelt wurde und die deshalb geringere Zukunftschancen hätten, warnte er.
Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) forderte personelle Verstärkung in den Schulen während der Corona-Pandemie. Der insbesondere an Grundschulen dramatische Lehrkräftemangel mache es sehr schwierig, sinnvolle Konzepte in der Schule auch tatsächlich umzusetzen, sagte GEW-Vorstandsmitglied Ilka Hoffmann der Zeitung. Deshalb sollten unter anderem Studentinnen und Studenten gewonnen werden, die die Schulen auf Honorarbasis unterstützten und auf Anleitung der Lehrkräfte kleine Gruppen betreuten. Es sei eine sinnvolle Maßnahme, Lerngruppen zu verkleinern und zusätzliches Personal einzustellen.
Der SPD-Gesundheitsexperte und Epidemiologe Karl Lauterbach sprach sich für mehr Flexibilität für Schulen in der Corona-Krise aus. Die Kultusminister sollten den Schulen mehr Möglichkeiten geben, die Klassengröße flexibel zu gestalten, sagte Lauterbach der Zeitung. "Kommt es dann zu einem Infektionsfall, könnte der Unterrichtsausfall um zwei Drittel reduziert werden." Zudem brauche es mobile Luftfilteranlagen für alle engen Klassenräume, die schlecht zu lüften seien. Wenn es einen Impfstoff für Risikogruppen geben sollte, gehörten Schüler nicht dazu, erklärte Lauterbach. Daher müssten die Schulen noch viele Monate lang sicherstellen, dass sie nicht zu Brennpunkten der Pandemie würden.