Karlsruhe (epd). Wird ein schwer verletztes Raubopfer wegen einer Patientenverfügung bis zum Tod nicht weiter lebenserhaltend behandelt, muss sich der Täter dennoch wegen "Raubes mit Todesfolge" verantworten. Auch wenn der Tod infolge des Patientenwunsches aufgetreten ist, dass lebenserhaltende Maßnahmen zu unterlassen sind, gehen die Verletzungen doch ursächlich auf den Raub zurück, entschied der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe in einem am Mittwoch veröffentlichten Beschluss. (AZ: 3 StR 57419)
Im Streitfall wurde der Angeklagte vom Landgericht Krefeld wegen "Raubes mit Todesfolge" zu einer elfjährigen Haftstrafe verurteilt. Der Mann war mit seinem Fahrrad von hinten auf eine 84-jährige Frau mit Rollator zugefahren und hatte ihr die Handtasche entrissen. Die betagte, an einer Nierenschwäche und Diabetes leidende Frau hatte die Handtasche mitsamt 600 Euro fest mit dem Rollator verbunden. Durch das kräftige Ziehen an der Tasche verlor die Frau den Halt an der Gehhilfe und stürzte.
Dabei erlitt sie massive Hirnblutungen, die eine Operation erforderlich machten. Die Frau verwies noch auf ihre Patientenverfügung und ihren Wunsch, dass bei Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes nur noch eine Schmerzbehandlung erfolgen solle. Als die Frau nach der Operation bewusstlos blieb, setzten die Ärzte in Absprache mit den Angehörigen lediglich eine Schmerzbehandlung fort. Die Frau starb 13 Tage nach dem Raub.
Der Täter verlangte eine mildere Strafe, da kein Raub "mit Todesfolge" vorliege. Der Tod der Frau gehe auf den Wunsch in ihrer Patientenverfügung zurück, nicht weiter behandelt zu werden.
Doch dem widersprach der BGH. Die elfjährige Haftstrafe wegen "Raubes mit Todesfolge" sei rechtmäßig. Der Tod sei ursächlich Folge des Raubes gewesen. Damit, dass die Ärzte entsprechend der Patientenverfügung gehandelt haben, sei keine neue selbstständige Ursache für den Tod gesetzt worden. Die Entscheidung der Patientin gegen eine weitere Behandlung begründe in der Regel keine "neue" Todesgefahr. Der Tod der alten Frau sei unmittelbar auf die Körperverletzung zurückzuführen und nicht auf den in der Patientenverfügung geäußerten Willen. Eine geringere Strafe komme daher nicht in Betracht.