Magdeburg (epd). Das psychiatrische Gutachten, das am Dienstag im Prozess gegen den Synagogen-Attentäter Stephan B. vorgestellt wurde, bescheinigt dem Angeklagten volle Schuldfähigkeit. Bei B. liege eine komplexe Persönlichkeitsstörung vor, die einer schweren seelischen Abartigkeit zuzuordnen sei, sagte der forensische Psychiater Norbert Leygraf vor dem Oberlandesgericht Naumburg, das aus Sicherheits- und Platzgründen im Magdeburger Landgericht verhandelt. Der Experte hält den Angeklagten aber für schuldfähig.
Es spreche nichts für eine Beeinträchtigung der Unrechtseinsichtsfähigkeit. Damit würde die Voraussetzung für die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus entfallen. B. habe seine Tat langfristig und minutiös geplant. Seine antisemitischen Überzeugungen habe er mit Fanatismus vertreten. Dabei sei auch während des Prozesses keine Änderungen erkennbar gewesen. Leygraf sagte, es sei mit überwiegender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass B. erneut vergleichbar schwere Straftaten begehen würde.
Stephan B. hatte am 9. Oktober 2019 aus einer antisemitischen Motivation heraus einen Anschlag auf die Synagoge in Halle verübt. Weil es ihm nicht gelang, mit Sprengsätzen und Schusswaffen in die Synagoge zu gelangen, erschoss er eine 40 Jahre alte Passantin und anschließend in einem Döner-Imbiss einen 20-jährigen Mann. Die Bundesanwaltschaft hat B. wegen Mordes in zwei Fällen und versuchten Mordes in mehreren Fällen sowie weiterer Straftaten angeklagt. B. droht eine lebenslange Freiheitsstrafe mit anschließender Sicherungsverwahrung.