Psychologin im Halle-Prozess: Stephan B. unsicher und selbstbezogen

Magdeburg (epd). Im Halle-Prozess hat eine Psychologin den Angeklagten Stephan B. am Dienstag in Magdeburg als unsicher und selbstbezogen beschrieben. In verschiedenen Tests zur Intelligenz habe der Angeklagte durchschnittliche Ergebnisse erzielt, sagte die Expertin vor dem Oberlandesgericht Naumburg, das in Magdeburg verhandelt. Bei der Beantwortung von Fragen habe B. die Tendenz gehabt, sich zu verstellen und er habe verstärkt mit Nein auf einige Fragen geantwortet.

Zudem stellte die Psychologin bei B. auch Hinweise auf depressive Symptome und Paranoia sowie Tendenzen zu Narzissmus fest. B. habe sich anfangs reserviert verhalten und dann immer wieder Anspielungen auf seine Tat gemacht. Er sei bemüht gewesen, darüber zu sprechen und habe andere Fragen nur kurz und knapp beantwortet. Der Angeklagte habe sich abwertend über die Befragung geäußert und immer wieder schallend über die Fragen gelacht, sagte die Psychologin: "Das Lachen erschien unangepasst und überzogen." Sie beschrieb den Angeklagten als selbstbezogen, unsicher und sozial introvertiert.

Stephan B. hatte am 9. Oktober 2019 aus einer antisemitischen Motivation heraus einen Anschlag auf die Synagoge in Halle verübt. Weil es ihm nicht gelang, mit Sprengsätzen und Schusswaffen in die Synagoge zu gelangen, erschoss er eine 40 Jahre alte Passantin und anschließend in einem Döner-Imbiss einen 20-jährigen Mann. Die Bundesanwaltschaft hat B. wegen Mordes in zwei Fällen und versuchten Mordes in mehreren Fällen sowie weiterer Straftaten angeklagt. B. droht eine lebenslange Freiheitsstrafe mit anschließender Sicherungsverwahrung.