Berlin (epd). Der saarländische Ministerpräsident Tobias Hans (CDU) hat vor einem Zusammenbrechen des Gesundheitssystems in der Corona-Pandemie gewarnt. "Die Situation ist erschreckend und alarmierend: Schon bald kann es zu einem Kollaps in vielen der 1.900 Krankenhäuser in Deutschland kommen", sagte er der Zeitung "Bild am Sonntag". Gerade jetzt, da jeder Intensiv- und Beatmungsplatz dringend benötigt werde, fielen Kliniken aus. "Grund ist fehlendes oder erkranktes Pflegepersonal", sagte Hans. "Es drohen eine Triage und italienische Verhältnisse, wenn wir nicht jetzt auch hier gegensteuern."
Uwe Janssens, Präsident der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI), sagte der "Bild am Sonntag", es gebe in einigen Bundesländern nicht mehr viel Spielraum. "Berlin hat nur noch 14 Prozent freie Intensivbetten, Bremen 17 Prozent." Dies liege auch daran, dass viele Kliniken noch ihre Routineprogramme fortführten wie Magen-Bypässe oder Gelenk-Operationen. Vielen Häusern drohe sonst der Ruin, solange es nicht wie im April Freihaltepauschalen gebe.
In Deutschland sind weniger freie Intensivbetten einsatzbereit als bisher angenommen. "Bundesweit melden Kliniken freie Betten als verfügbar an, obwohl einige wegen des Personalmangels gar nicht genutzt werden können", sagte Christian Karagiannidis, Sprecher des DIVI-Intensivregisters der "Welt am Sonntag". Dies werde in der Pandemie zum Problem. "Wir wiegen uns bei der Zahl der freien Intensivbetten in falscher Sicherheit", sagte Karagiannidis.
Wegen der steigenden Zahl an Covid-19-Erkrankungen fordert die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (Verdi) die Kliniken auf, planbare Eingriffe schnellstmöglich herunterzufahren. "Wirtschaftliche Erwägungen dürfen hier keine Rolle spielen. Die Bewältigung der Pandemie und die Rettung von Menschenleben stehen ganz klar an erster Stelle", sagte Verdi-Bundesvorstandsmitglied Sylvia Bühler.
Zugleich müsse eine weitere Überlastung und Gefährdung des Pflegepersonals verhindert werden. "Die Pflege ist das Nadelöhr", sagte Bühler, die bei Verdi für das Gesundheitswesen zuständig ist. Pflegekräfte brauchten jetzt Schutz und ein Signal, dass die Politik die seit Jahren bestehende Überlastung endlich ernsthaft angehe.
Bühler kritisierte, dass es bereits jetzt Pflegekräfte gebe, denen eine Quarantäne verordnet worden sei, die aber weiterarbeiten müssten: "Die Arbeitsquarantäne gefährdet sowohl Beschäftigte als auch die vulnerablen Gruppen, also Patienten, Pflegebedürftige und Menschen mit Behinderung. Das ist fatal."
epd et