Der Schleswiger Bischof Gothart Magaard wird 65 Jahre alt
©epd-bild/Thomas Eisenkraetzer
Der Schleswiger Bischof Gothart Magaard sieht den Sonntagsgottesdienst als verlässlichen Pulsschlag der Gemeinde.
"Der Sonntagsgottesdienst bleibt der verlässliche Pulsschlag der Gemeinde"
Der Schleswiger Bischof Gothart Magaard wird am Sonntag (1. November) 65 Jahre alt - ein Alter, in dem früher die Menschen den Ruhestand antraten. Doch groß gefeiert wird bei ihm nicht. Magaards Amtszeit endet ohnehin erst im Frühjahr 2024. Im Interview spricht er über das kirchliche Leben auf dem Land, den Klimaschutz und die Zukunft der Kirche mit Corona.
01.11.2020
epd
Nadine Heggen und Thomas Morell

Bischof Magaard, Ihr Sprengel (Bischofsbezirk) ist sehr ländlich geprägt. Die Dörfer leiden darunter, dass viele junge Menschen wegziehen. Wie könnten denn Regionen wie Dithmarschen oder Nordfriesland attraktiver werden?

Gothart Magaard: Ich sehe, dass gerade dort sehr viel passiert. Die Gemeinden suchen nach guten Lösungen vor Ort für Mobilität, die Versorgung und Orte der Begegnung. Da spielt auch die Digitalisierung eine Rolle. Ich habe hier zahlreiche innovative Betriebe kennengelernt. Das zeigt, dass es auch gute Chancen für den ländlichen Raum gibt.

Was macht denn das Pastorenamt in einem Dorf heute noch reizvoll?

Magaard: Die Begleitung von Menschen - in schönen und in schweren Zeiten. Das ist ein Kernbereich, nach wie vor. Pfadfinderarbeit, Jugendarbeit, Gesprächskreise sowie immer dann, wenn es um zentrale Fragen des Lebens geht und Menschen Orientierung suchen.

In den Dörfern trifft der Konflikt zwischen Ökologie und Landwirtschaft ja direkt aufeinander. Belastet das die Dörfer?

Magaard: Das ist in den Dörfern ein Spannungsfeld, das sich nicht leicht auflösen lässt. Die Debatten werden zuweilen sehr zugespitzt geführt. Da geht es schnell, dass Landwirtinnen und Landwirte angefeindet werden und selbst deren Kinder das erleben müssen. Hier sind die Kirchengemeinden als Vermittler aktiv. Wichtig ist, Begegnung zu fördern und miteinander im Gespräch zu sein.

Die Nordkirche will ja bis 2050 klimaneutral werden. Was ist da die schwierigste Aufgabe?

Magaard: Die Gebäude verursachen die größten CO2-Emissionen. Deshalb ist das Heizen von Gebäuden ein großes Thema. Es gibt neue Modelle für Kirchen, etwa die Sitze elektrisch zu wärmen, statt den ganzen Kirchenraum zu beheizen. Uns beschäftigt dazu die Frage, wie viele Gebäude wir in Zukunft nutzen und noch viel mehr, wie wir Gebäude energetisch verbessern können.

In den Gemeinden lässt sich ein E-Auto nutzen, für ökumenische Partnerschaften müssen die Menschen aber mit dem Flugzeug reisen.

Magaard: Wir haben viele Partnerkirchen weltweit. In den letzten Monaten haben wir verstärkt die digitale Kommunikation genutzt. Gegenseitige Besuche sind trotzdem unverzichtbar. Es gibt Fonds, mit denen man Flugreisen ausgleichen kann. Aber da müssen wir noch erfinderischer werden.

"Ich sehe es nicht so, dass wir uns von ganzen Arbeitsbereichen trennen müssen"

Die Corona-Pandemie lässt die Kirchensteuern einbrechen, Austritte kommen hinzu. Sollte die Kirche lieber überall gleichmäßig sparen, oder sich eher von ganzen Arbeitsbereichen trennen?

Magaard: Ich sehe es nicht so, dass wir uns von ganzen Arbeitsbereichen trennen müssen. Es geht hier immer um Themen mit großer Bedeutung: der Kita-Bereich, die Seelsorge, die Beratungsstellen. Wir müssen die Kräfte noch mehr bündeln. Das ist ein mühsamer Prozess. Aber ich bin zuversichtlich, dass wir gute Lösungen finden werden.

Wie kann die Kirche denn junge Menschen und Familien gewinnen, die die kirchliche Sprache im Gottesdienst und Orgelmusik nicht mögen?

Magaard: Ein Schlüssel ist, dass Kinder und Jugendliche gute Erfahrungen mit der Kirche machen. Da spielen die Kitas, die Konfirmanden- oder die Jugendarbeit eine große Rolle. Auch die Musik ist heute vielfältiger und die Popularmusik stärker vertreten, und die Gottesdienste und Predigten sind vielgestaltiger.

"Der Sonntagsgottesdienst bleibt der verlässliche Pulsschlag der Gemeinde"

Ist der gemeinsame Gottesdienst denn noch der Kern der Gemeinde?

Magaard: Der Sonntagsgottesdienst bleibt der verlässliche Pulsschlag der Gemeinde. Dazu kommen Taufen und Trauungen, Einschulungs- und Kita-Gottesdienste. Entscheidend ist, dass wichtige Themen für das eigene Leben vorkommen.