Der Politikberater, Unternehmer und Buchautor Erik Flügge hält den Vorschlag, die Kirchensteuer für jüngere Mitglieder zu reduzieren, für einen falschen Ansatz. Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) denkt darüber nach, um Berufseinsteiger vom Kirchenaustritt abzuhalten. "Junge Menschen erkennen die Relevanz der Kirchen nicht", sagte er am Montagabend in der Diskussionsrunde "Zweifeln erlaubt" in Frankfurt am Main, gemeinsam veranstaltet von der Evangelischen Akademie Frankfurt, der "Evangelischen Sonntags-Zeitung" und ihrem Online-Portal indeon.de.
Auch eine reduzierte Kirchensteuer ändere nichts an dem Charakter der Steuer als Austrittsgrund, solange die Kirchen nicht relevanter für das Leben junger Menschen würden, sagte Flügge, der aus Köln in die Runde zugeschaltet war: "Für die Frage von Relevanz ergibt eine Rabattierung keinen Sinn."
Flügge plädierte dafür, Kindern und Jugendlichen "religiöse Ersterfahrungen" zu ermöglichen, ähnlich wie bei der ökumenischen Bruderschaft von Taizé in Frankreich, wo jedes Jahr Tausende junger Menschen zusammenkommen. Außerdem sollten die Kirchen jedes Mitglied, ehe es steuerpflichtig werde, kontaktieren und ihm mitteilen, an welchen Stellen der Gesellschaft sie segensreich wirkten - wie in Kindertagesstätten, Gesundheit, Pflege und Trauerbegleitung. So mache die Kirche ihre Relevanz deutlich "und der Erstkontakt ist keine Zahlungsaufforderung", sagte Flügge.
Susanne Teichmanis, Oberkirchenrätin der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Oldenburg und Mitglied des "Zukunftsteams" der EKD, gab zu bedenken, dass es schon heute bei Menschen mit hohem Einkommen die Möglichkeit eines Kirchensteuer-Rabatts gebe. Bei außerordentlichen Einkünften, etwa aus einem Unternehmensverkauf, könne die Steuerlast reduziert werden. Das könne man auch jungen Menschen mit geringen Einkommen anbieten. Eine Idee sei es auch, dass Mitglieder mitentscheiden könnten, was mit ihrer Kirchensteuer geschehe, sagte Teichmanis: "Vielleicht könnte man Teile davon einem bestimmten Zweck widmen."
Verstärkte Mission
Torben Telder, Pfarrer der Wallonisch-Niederländischen Kirche Hanau, kann einer reduzierten Kirchensteuer durchaus etwas abgewinnen, wie er sagte: "Unternehmen geben ja auch Rabatt auf Produkte, um sie bekannter zu machen." Dies müsse aber mit verstärkter Mission verbunden sein. Seine Kirche verzichte auf einen Einzug der Kirchensteuer über das Finanzamt und bitte die steuerpflichtigen der rund 1.100 Mitglieder um einen Kirchenbeitrag in entsprechender Höhe.