Brüssel, Straßburg (epd). Belgien hat mit der Abschiebung eines Sudanesen in dessen Heimat gleich zwei Mal die Europäische Menschenrechtskonvention verletzt. Die Abschiebung habe gegen das Verbot unmenschlicher Behandlung verstoßen und den gebotenen wirksamen Rechtsbehelf unterlassen, erklärte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) am Dienstag in Straßburg. Der Mann war vor rund drei Jahren entgegen einem belgischen Gerichtsbeschluss in den Sudan zurückgeflogen worden. (AZ: 19656/18)
Im August 2017 hatte die Polizei den jungen Mann aufgegriffen und direkt in ein Abschiebegefängnis gebracht, wie der EGMR rekapitulierte. Der Mann stellte einen Asylantrag, den er später zurückzog. Der Sudanese wandte sich aber gegen seine Inhaftierung an die Justiz, woraufhin ein belgisches Gericht die Abschiebung vor einem Urteil über die Haft verbot. Dennoch wurde er im Oktober 2017 abgeschoben. Vor dem Flug wurde ihm laut EGMR nach seiner eigenen Darstellung angedroht, ihn durch ein Medikament ruhigzustellen.
Der EGMR sah in der Abschiebung eine unmenschliche Behandlung, weil die belgischen Behörden die Gefahr für den Mann im Sudan nicht ernst genug genommen hätten. Zwar liege die Beweislast dafür beim Betroffenen. Doch dies dürfe nicht zur Aushöhlung des Verbots unmenschlicher Behandlung führen. Der EGMR verwies unter anderem darauf, dass der Mann in den ersten Wochen seines Aufenthalts keinen Anwalt gehabt habe und die Übersetzung bei der ersten Befragung mangelhaft gewesen sei. Darauf könnte auch das unstimmige Verhalten mit dem Zurückziehen des Asylantrags zurückzuführen sein. Daneben hätten die belgischen Behörden durch die Abschiebung entgegen dem Gerichtsentscheid das eigentlich erfolgreiche Rechtsmittel des Mannes unterlaufen.