Berlin, La Paz (epd). Boliviens Justiz hat den Haftbefehl gegen Ex-Präsident Evo Morales aufgehoben. Ein Gericht in La Paz begründete die Entscheidung damit, dass die Rechte von Morales auf seine Verteidigung schwerwiegend verletzt worden seien, wie der Präsident des Gerichtshofes, Jorge Quino, laut der Tageszeitung "Los Tiempos" am Montagabend (Ortszeit) mitteilte. So sei Morales nicht ordnungsgemäß vorgeladen und angehört worden. Der Sozialist war wegen Terrorismus, Finanzierung terroristischer Aktivitäten und Anstiftung zur Aufruhr angeklagt worden.
Die Staatsanwaltschaft hatte sich dabei auf ein Telefonat gestützt, in dem Morales während der Proteste nach seinem Rücktritt vor einem Jahr Vertraute aufgerufen haben soll, Straßen zu blockieren, damit keine Lebensmittel mehr in die Städte gelangen. Morales bestreitet die Vorwürfe. Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch warf Boliviens Interimsregierung Missbrauch der Justiz für politische Zwecke vor.
Nach Aufhebung des Haftbefehls ist für Morales auch der Weg frei, nach Bolivien zurückzukehren. Nach Wahlbetrugsvorwürfen und auf Druck des Militärs trat Morales im November 2019 zurück. Danach hielt sich der Linkspolitiker zunächst in Mexiko und dann in Argentinien auf. Ein Datum für die Rückkehr stehe nicht fest, sagte Morales in einem Interview. Er sei zur Amtseinführung des jüngst gewählten Präsidenten Luis Arce am 8. November eingeladen worden.
Die von Morales gegründete Bewegung für Sozialismus MAS mit Arce als Präsidentschaftskandidaten hatte die Wahlen für das Parlament und höchste Staatsamt vor rund einer Woche mit großem Abstand gewonnen. Arce war in der Regierung Morales viele Jahre Wirtschafts- und Finanzminister und gilt als ein enger Vertrauter.