Berlin (epd). Ostdeutsche und Menschen mit Migrationshintergrund sind einer Studie zufolge in Deutschland seltener in Spitzenpositionen anzutreffen als es ihrem Bevölkerungsanteil entspricht. Laut der am Montag in Berlin vorgestellten gemeinsamen Analyse des Deutschen Zentrums für Integrations- und Migrationsforschung (DeZIM), der Universität Leipzig und der Hochschule Zittau/Görlitz sind unter den Führungskräften in Deutschland nur zehn Prozent Ostdeutsche und neun Prozent Menschen mit Migrationshintergrund. Ihr Bevölkerungsanteil liegt dagegen bei 19,4 Prozent (Ostdeutsche) und 9,2 Prozent (Migrationshintergrund).
Zwischen verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen gibt es der Studie zufolge aber große Unterschiede. In der Politik komme der Anteil von Ostdeutschen in Spitzenpositionen mit 19 Prozent ihrem Anteil in der Bevölkerung sehr nahe. Relativ stark vertreten sind sie auch in den Führungsetagen der Bereiche Sicherheit (12,5 Prozent) und Gewerkschaften (12,1 Prozent). Die wenigsten ostdeutschen Führungskräfte gibt es dagegen in der Wissenschaft (1,5 Prozent), in der Justiz (zwei Prozent) und im Militär (keine). Auch in den Medien findet man mit einem Anteil von 6,9 Prozent Ostdeutsche eher selten in Spitzenpositionen wie auch im Bereich Religion (5,3 Prozent) und in der Wirtschaft mit 4,7 Prozent.
Menschen mit Migrationshintergrund sind dagegen in Wirtschaft, Kultur und Religion vergleichsweise oft in Spitzenpositionen anzutreffen. So liegt der Anteil migrantischer Führungskräfte in der Wirtschaft bei 13,8 Prozent. In den Medien haben 16,4 Prozent der Führungskräfte, in der Kultur 19,6 Prozent und im Bereich Religion knapp 26 Prozent eine Migrationsgeschichte. Anders sieht es in Politik (7,7 Prozent), Justiz (1,3 Prozent), Sicherheit (keine) und Militär (zwei Prozent) aus. Dabei stammen 70 Prozent der Führungskräfte mit Migrationshintergrund hierzulande aus europäischen Ländern und nur sieben Prozent haben beispielsweise türkische Wurzeln.
Dass Ostdeutsche und Menschen mit Migrationshintergrund seltener in den Eliten vertreten sind, als es ihrem Anteil an der bundesdeutschen Bevölkerung entspräche, werde von einer großen Mehrheit der Bevölkerung als Problem wahrgenommen, sagte Professor Raj Kollmorgen von der Hochschule Zittau/Görlitz. Eine Mehrheit (60 Prozent) befürworte deshalb spezielle Fördermaßnahmen für beide Gruppen - für Ostdeutsche allerdings etwas häufiger als für Menschen mit Migrationshintergrund (68 zu 59 Prozent). Für eine gesetzliche Quote, um den Anteil beider Gruppen in den Eliten zu erhöhen, plädieren allerdings nur 28 Prozent.
Ostdeutsche, die wahrnehmen, dass sie seltener in den Eliten vertreten sind, fühlten sich selbst häufiger als Bürger zweiter Klasse, sagte der Politikwissenschaftler Lars Vogel von Universität Leipzig. Damit zeige sich eine Möglichkeit zur politischen Intervention. "Gelingt es, den Anteil Ostdeutscher in Elitepositionen zu erhöhen - oder zumindest entsprechende Anstrengungen glaubhaft zu vermitteln -, könnte das Gefühl vieler Ostdeutscher, Bürger zweiter Klasse zu sein, verringert werden", sagte der Politikprofessor.