Berlin (epd). Angesichts steigender Covid-19-Infektionen in Deutschland hat die Bundesregierung an die Bereitschaft der Bürgerinnen und Bürger appelliert, sich an die verschärften Regeln zur Kontaktbeschränkung zu halten. "Wir müssen jetzt alles tun, damit das Virus sich nicht unkontrolliert ausbreitet", sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in ihrem Video-Podcast am Samstag.
Die Zahl der Neuinfektionen steige Tag für Tag sprunghaft, sagte Merkel. "Wir sind jetzt in einer sehr ernsten Phase der Corona-Pandemie." Der vergleichsweise entspannte Sommer sei vorbei, jetzt stünden schwierige Monate bevor. "Wie der Winter wird, wie unser Weihnachten wird, das entscheidet sich in diesen kommenden Tagen und Wochen", sagte die Kanzlerin. "Das entscheiden wir alle durch unser Handeln." Sie riet, auf jede Reise und jede Feier zu verzichten, die nicht unbedingt notwendig seien.
Der Weltärztebund geht davon aus, dass die Zahl der Corona-Neuinfektionen pro Tag in der kommenden Woche 10.000 überschreiten wird. Daran könnten auch die jetzt getroffenen Maßnahmen wenig ändern, weil die sich erst "in frühestens fünf bis zehn Tagen auswirken", sagte der Präsident des Weltärztebundes, Frank Ulrich Montgomery, der Düsseldorfer "Rheinischen Post" (Samstag).
Nach Ansicht des SPD-Politikers und Epidemiologen Karl Lauterbach ist bei einem weiteren Anstieg der Fallzahlen die Versorgung schwerer Corona-Fälle gefährdet. Dann reichten die Krankenhauskapazitäten nicht aus, um die schweren Fälle angemessen zu behandeln, sagte er der Zeitung. Man müsse nun abwarten, ob die am Mittwoch zwischen Bund und Ländern vereinbarten Regeln zur Begrenzung privater Kontakte und verschärfter Hygieneregeln griffen.
Der Deutschen Städte- und Gemeindebund will eine neuerliche Schließung von Kitas unbedingt verhindern. Der Hauptgeschäftsführer des Bundes, Gerd Landsberg, sagte der "Passauer Neuen Presse" (Samstag), die Kommunen wollten alles Notwendige dafür tun, dass die Kindertagesbetreuung gesichert bleibe. Er warnte davor, die Eltern noch einmal "im Regen stehenzulassen" und Kinder schon zu Beginn ihrer Bildungskarriere zu benachteiligen.
Nach Einschätzung des Kanzleramtes sind mehr als 10.000 zusätzliche Helfer für die Nachverfolgung der Infektionsketten in den Kommunen nötig. Die Bundeswehr hatte 5.000 kurzfristig verfügbare und weitere 10.000 binnen 30 Tagen einsatzbereite Soldatinnen und Soldaten zur Corona-Amtshilfe abgestellt. "Wir schauen auch über die Bundeswehr hinaus, ob wir weitere Personalreserven in der Bundesregierung und nachgeordneten Behörden mobilisieren können", sagte Kanzleramtsminister Helge Braun (CDU) der "Rheinischen Post". Er hoffe auch, eine größere Zahl von Studierenden für diese Aufgabe zu gewinnen.
Braun brachte die Idee eines Staatsakts für Corona-Opfer am Ende der Pandemie wieder ins Gespräch. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hatte Anfang September angekündigt, er werde mit Bundestag, Bundesrat, Bundesregierung und Bundesverfassungsgericht über eine mögliche offizielle Trauer-Veranstaltung für die Corona-Opfer sprechen. Auch die beiden großen christlichen Kirchen in Deutschland wollen sich an einer möglichen Trauerfeier beteiligen.
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