Bonn (epd). Ludwig van Beethovens Umgang mit seiner zunehmenden Taubheit hat nach Ansicht von Medizinern Vorbildfunktion. Gerade weil Beethoven zu seiner Zeit keine Heilungsmöglichkeit hatte, sei er ein für die Forschung interessantes Beispiel für Resilienz, sagte Claudia Spahn, Leiterin des Instituts für Musikermedizin an der Hochschule für Musik Freiburg am Freitag in Bonn. Trotz seiner Schwerhörigkeit habe er immer weiter komponiert. "Beethoven zeigt, dass Musik und Musikkultur gerade jetzt in unserer Zeit eine wertvolle Ressource sind", betonte die Medizinerin zum Auftakt des Symposiums "Ludwig van Beethoven: der Gehörte und der Gehörlose".
Der Leiter des Freiburger Instituts für Musikermedizin, Bernhard Richter, erklärte, die Gehörprobleme Beethovens wären mit dem heutigen Stand der Medizin gut zu behandeln: "Wir haben heute die Möglichkeit, Hörtestungen durchzuführen, was es damals noch nicht gab." Die Ursachen von Beethovens Schwerhörigkeit ließen sich zwar im Nachhinein nicht mehr eindeutig klären, sagte Richter. So sei Beethovens Schädel zwar obduziert worden. Die entsprechenden Teile des Schädels, die Aufschluss über seine Gehör-Probleme geben könnten, seien aber seitdem verschwunden.
Es gebe aber zwei mögliche Ursachen für die Schwerhörigkeit des Komponisten, erklärte Richter. Zum einen sei eine Otosklerose denkbar. Das ist eine Erkrankung des Knochens, der das Innenohr umgibt. Dieses Problem ließe sich heute durch eine Operation lösen. Wahrscheinlicher sei es aber, dass Beethoven unter einer Störung im Innenohr gelitten habe. Zumindest ein Teil dieser Erkrankung, nämlich die soziale Kommunikationseinschränkung, wäre heute mit einem Cochlea-Implantat behandelbar.
Ludwig van Beethoven (1770-1827) verlor bereits ab Mitte 20 zunehmend sein Gehör. Einen Teil seiner bedeutendsten Werke schuf er als praktisch ertaubter Musiker, darunter die 9. Symphonie und die Missa Solemnis. Das Symposium der Beethoven Jubiläums GmbH in Kooperation mit dem Universitätsklinikum Bonn (UKB) und dem Freiburger Institut für Musikermedizin (FIM) geht bis Samstag den Ursachen seiner Erkrankung nach. Im Fokus stehen unter anderem auch die Auswirkungen von Beethovens Gehör-Problemen auf sein Werk und seine psychosoziale Situation.