Frankfurt a.M., Lagos (epd). Nach tagelangen Protesten wollen die Behörden in Nigeria gegen Polizeigewalt vorgehen. Vier Beamte, die auf Demonstranten geschossen haben sollen, seien festgenommen worden und müssten sich in einem Disziplinarverfahren verantworten, teilte der Gouverneur des Bundesstaats Lagos, Babajide Sanwo-Olu, am Donnerstagabend auf Twitter mit. Zudem sei eine Untersuchungskommission gegen Polizeigewalt eingesetzt und ein Fonds eingerichtet worden, mit dem Opfer entschädigt werden sollen.
In mehreren Städten des westafrikanischen Landes gehen Menschen seit Tagen auf die Straße, um gegen den übermäßigen Einsatz von Gewalt durch die Sicherheitskräfte zu demonstrieren. Die Proteste werden von zahlreichen Prominenten unterstützt und richteten sich zunächst vor allem gegen die Spezialeinheit Sars, die wegen ihrer Brutalität berüchtigt war. Präsident Muhammadu Buhari hat als Reaktion auf die Proteste am Sonntag die Auflösung der Einheit angekündigt.
Die vorwiegend jugendlichen Demonstranten fordern jedoch weitgehendere Polizeireformen und gingen auch in den vergangen Tagen auf die Straße. In der Hauptstadt Abjua wurden die Proteste verboten, weil sie laut der Regionalregierung gegen die Beschränkungen während der Corona-Pandemie verstoßen. Die Armee hatte am Donnerstag ihre Bereitschaft erklärt, die Polizei bei der Durchsetzung der Regeln zu unterstützen.
Menschenrechtler werfen den nigerianischen Behörden vor, die Gewalt der Sicherheitskräfte zu ignorieren. Die Spezialeinheit Sars sei zwischen 2017 und 2020 für mindestens 82 Fälle von Folter, Misshandlung und außergerichtlichen Hinrichtungen verantwortlich, heißt es in einem Bericht von Amnesty International. Bis Juni sei kein einziger Beamter der Einheit zur Rechenschaft gezogen worden.