Evangelische Kirche und Diakonie in Mannheim haben sich für ein Sexkaufverbot ausgesprochen. Prostitution und Menschenhandel widersprächen den Menschenrechten, heißt es in dem vom evangelischen Dekan Ralph Hartmann und vom Direktor des Diakonisches Werk Mannheim, Michael Graf, unterzeichneten Papier. Die Befriedigung eigener Bedürfnisse auf Kosten der Würde anderer Menschen sei "inakzeptabel". Das 2017 eingeführte Prostituiertenschutzgesetz habe zwar die Prostitution legalisiert, aber keine Verbesserung gebracht. Vor allem im prekären Umfeld habe sich die Situation der Frauen seitdem verschlechtert.
Im Mittelpunkt der Debatte - nicht nur in Mannheim - steht dabei vor allem das sogenannte "Nordische Modell". Danach werden Kunden für den Kauf von Sex bestraft, die Prostituierten bleiben straffrei. 1998 hatte Schweden im Zuge einer Offensive gegen Gewalt an Frauen und für Gleichberechtigung eine entsprechende Gesetzesnovelle eingeleitet.
Die Unterzeichner fordern weitere Maßnahmen, damit ein Sexkaufverbot greift. So müssten etwa die Ausstiegschancen der betroffenen Frauen erheblich verbessert werden. Sie bräuchten auch besseren Schutz vor Zuhältern, mehr Schutzwohnungen sowie eine niedrigschwellige medizinische Grundversorgung. Auch müssten Schlepperbanden und Menschenhändler härter bestraft werden. Diakonie und Kirche forderten die Europäische Union auf, sich deutlicher als bisher gegen Menschenhandel zu stellen und für eine einheitliche Strafverfolgung zu sorgen.
Anderer Auffassung ist dagegen die Diakonie Baden. Die Wirkung eines Sexkaufverbots unter dem Aspekt, dass man den Betroffenen wirklich helfen will, werde "massiv überschätzt", sagte Diakoniesprecher Christian Könemann dem Evangelischen Pressedienst (epd). Das hätten gerade die zurückliegenden Monate während der Pandemie gezeigt. Trotz geschlossener Bordelle habe Prostitution stattgefunden, "nur dann illegal und ohne jeglichen Schutz". Statt eines Verbots müssten die bestehenden Gesetze, die Zwangsprostitution, Ausbeutung und Menschenhandel verbieten und Prostituierte bei der Ausübung ihrer Tätigkeit schützen, konsequent umgesetzt werden.
Thema bei der badischen Landessynode
Auch die Diakonie Deutschland geht davon aus, dass Verbote weder Prostitution verhindern noch ihre negativen Auswirkungen eindämmen. Wenn Prostitution dann in der Illegalität stattfinde, erhöhe dies das Risiko, ausgebeutet oder Opfer einer Gewalttat zu werden, heißt es in einer Anfang Oktober veröffentlichten Stellungnahme. In Württemberg gibt es in Kirche und Diakonie unterschiedliche Stimmen zu diesem Thema. Eine Positionierung des Diakonischen Werkes gebe es nicht, sagte Pressesprecherin Claudia Mann. Die Beratungsstellen stünden dem "Nordischen Modell" aber eher kritisch gegenüber, sagte Mann.
Dagegen hatte das Kirchenparlament der Evangelischen Landeskirche in Württemberg 2017 ein Sexkaufverbot nach schwedischem Vorbild gefordert. Die Landeskirche setze sich für ein Sexkaufverbot nach schwedischem Vorbild ein und fordere die Gesetzgebung entsprechend zu ändern. Diakonie und Kirche vereine jedoch, "dass sie Frauen wirksam unterstützen wollen", sagte Mann. Für 23. November sei daher ein "Forum Prostitution" geplant. Dabei soll es darum gehen, wie Betroffene von Kirche und Diakonie gemeinsam am besten unterstützt werden könnten, trotz unterschiedlicher Haltungen zum Sexkaufverbot.
Auch die Synode der badischen evangelischen Landeskirche will sich mit dem Thema befassen, bei ihrer Herbsttagung vom 18. bis 23. Oktober in Bad Herrenalb.