Erfurt (epd). Ein Klinikarbeitgeber und der Betriebsrat haben bei der Verteilung von gewerkschaftlichem Informationsmaterial nicht mitzubestimmen. Weder dürfe der Arbeitgeber die von betriebsangehörigen Gewerkschaftsmitgliedern durchgeführte Aktion einfach verbieten, noch dürfe der Betriebsrat der Gewerkschaft wegen eines Verbots beispringen, entschied das Bundesarbeitsgericht (BAG) in einem am Freitag veröffentlichten Urteil. (AZ: 1 ABR 41/18) Die Betriebsparteien hätten nach der im Grundgesetz geschützten Tätigkeit von Gewerkschaftsmitgliedern zur Mitgliederwerbung keine Mitbestimmungsrechte, erklärten die Erfurter Richter.
Im Streitfall ging es um eine Aktion von in einer Klinik beschäftigten ver.di-Mitgliedern. Am Internationalen Tag der Pflege 2017 hatten sie außerhalb der Arbeitszeit vor der Klinik-Kapelle an einem Infostand Flugblätter zur Teilnahme an einer Demonstration verteilt. Sie sammelten zudem Unterschriften für eine ver.di-Aktion mit einer Forderung nach einem gesetzlich festgelegten Personalschlüssel für Kliniken. Die Pflegedienstleitung ordnete an, solche Aktionen auf dem Klinik-Gelände zu unterlassen. Der Betriebsrat wollte das Verbot gerichtlich kippen. Solch eine Anordnung des Arbeitgebers sei mitbestimmungspflichtig. Schließlich gehe es bei der Gewerkschaftsaktion um den Pflege-Personalmangel in Krankenhäusern.
Das BAG stellte jedoch klar, dass es sich um eine ver.di-Aktion zur Werbung neuer Mitglieder und der Information von Gewerkschaftern gehandelt habe. Sowohl der Arbeitgeber als auch der Betriebsrat hätten in dem Punkt keine "Regelungsmacht". Mitbestimmungsrechte der Betriebsparteien gebe es hier nicht. Eine Gewerkschaft könne selbst bestimmen, "an welchem Ort, durch welche Personen und in welcher äußeren Form sie um Mitglieder werden oder Arbeitnehmer beziehungsweise sonstige Dritte über ihre Tätigkeiten informieren will". Rechtsgrundlage hierfür sei die im Grundgesetz geschützte Koalitionsfreiheit.