Halle (epd). Ein Jahr nach dem Anschlag von Halle hat aus Sicht von Vertretern der Zivilgesellschaft die Aufarbeitung der Tat erst begonnen. Rechtsextremistische, rassistische und antisemitische Aktivitäten nähmen etwa im Zusammenhang mit Demonstrationen gegen die Corona-Maßnahmen sogar noch zu, sagte Valentin Hacken vom Bündnis "Halle gegen Rechts" am Freitag. Es habe mitunter nicht einmal Gegenproteste gegeben. "Die, die dagegenhalten, sind einfach zu wenige", beklagte er.
Die Projektleiterin der Mobilen Opferberatung, Antje Arndt, erinnerte Stadt und Land an die den Opfern gegebenen Versprechen. Viele seien nicht eingehalten worden, obwohl die Betroffenen bis heute psychisch, körperlich und auch wirtschaftlich unter den Folgen des Attentats litten. Auch fehle eine öffentliche Entschuldigung für den fehlenden Schutz der Synagoge in Halle.
Nach einem "wirklich nicht leichten Jahr" bedankte sich Ismet Tekin, dessen Kiez-Döner zu einem Ziel des Angriffs des Attentäters wurde, für die erlebte Solidarität. Vor allem der Solidaritätsgruppe, "die Brot und Taschengeld" mit ihm geteilt habe, verdanke er viel Kraft. Es gehe nicht um die Summe der Spenden, sondern um den Zusammenhalt.
Der Attentäter Stephan B. hatte am 9. Oktober 2019 aus einer antisemitischen Motivation heraus einen Anschlag auf die Synagoge in Halle verübt. Er schaffte es nicht, mit Sprengsätzen und Schusswaffen in die Synagoge zu gelangen, erschoss eine 40 Jahre alte Passantin und in einem Döner-Imbiss einen 20-Jährigen. Gegen ihn läuft in Magdeburg der Prozess wegen Mordes in zwei Fällen und weiterer Straftaten.