Kassel (epd). Ein tödlicher Unfall auf dem üblichen Arbeitsweg steht nicht automatisch unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Denn hat ein Arbeitnehmer seine Arbeit vorzeitig und ohne ersichtlichen Grund verlassen, ist gar nicht klar, ob er tatsächlich nach Hause fahren wollte - selbst wenn sich der Unfall auf dem regulären Heimweg ereignet hat, urteilte am Dienstag das Bundessozialgericht (BSG). (AZ: B 2 U 9/19 R) Damit die Unfallverkasse zur Zahlung verpflichtet sei, müsse feststellbar sein, dass der Arbeitnehmer sich auf dem unmittelbaren Weg nach Hause oder zu einem anderen versicherten Ort befand, so die Kasseler obersten Sozialrichter.
Konkret ging es um einen tödlichen Unfall eines Mannes aus Sachsen, der als Produktionsmitarbeiter beschäftigt war. Im Juni 2014 verließ er, ohne jemandem Bescheid zu sagen und bei laufenden Maschinen, vorzeitig seinen Job. Sein vorzeitiges Arbeitsende stempelte er nicht aus.
Mit seinem Auto fuhr er auf dem üblichen Arbeitsweg und scherte ohne zu Bremsen nach links aus. Dadurch stieß mit einem entgegenkommenden Lkw zusammen und starb.
Die Witwe machte von der Berufsgenossenschaft Rohstoffe und chemische Industrie Hinterbliebenenleistungen geltend, insbesondere eine Witwenrente und eine Waisenrente für das zum Unfallzeitpunkt ein Jahr alte Kind.
Der Unfallversicherungsträger lehnte ab. Zwar sei der Ehemann auf dem regulären Arbeitsweg verunglückt. Ein versicherter Wegeunfall liege jedoch nicht vor, weil gar nicht klar sei, ob der Ehemann auch tatsächlich nach Hause fahren wollte.
Dieser Argumentation folgte auch das BSG. Für das Bestehen des Unfallversicherungsschutzes müsse klar sein, dass der Arbeitnehmer auch tatsächlich unmittelbar nach Hause oder zu einem anderen versicherten Ort fahren wollte. Das sei hier nicht zweifelsfrei feststellbar. Die Klägerin könne sich auch nicht auf eine mögliche Beweiserleichterung berufen, nach der der Unfallversicherungsträger belegen muss, dass kein versicherter Wegeunfall vorlag. Da hier ein atypischer Unfallhergang vorlag, sei die Klägerin beweispflichtig, so das Gericht.