Brüssel, Luxemburg (epd). Der Europäische Gerichtshof hat die Rechte von Wanderarbeitnehmern gestärkt. Sie könnten nicht allein deshalb von sozialer Grundsicherung in einem anderen EU-Land ausgeschlossen werden, weil sie arbeitslos geworden sind, urteilten die Richter am Dienstag in Luxemburg. Anlass ist ein Fall aus Krefeld, bei dem das Jobcenter einem Polen und seinen Töchtern Leistungen versagt hatte. (AZ: C-181/19)
Der Mann wohnt seit 2013 in Deutschland, wo die Töchter zur Schule gehen, erklärte der Gerichtshof. Nachdem er 2015 und 2016 mehrere abhängige Beschäftigungen ausgeübt hatte, wurde er arbeitslos. Von September 2016 bis Juni 2017 bezog er demnach Arbeitslosengeld II (Hartz IV) und Sozialgeld für die Kinder, seit Anfang 2018 ist er laut Gericht wieder vollzeitbeschäftigt. Strittig sind dieselben Leistungen für den Zeitraum Juni bis Dezember 2017. Das Jobcenter Krefeld verweigerte sie laut Europäischem Gerichtshof mit der Begründung, dass der Mann in dieser Zeit keinen Arbeitnehmerstatus gehabt habe, sondern arbeitssuchend gewesen sei.
Die Klage des Polen in Deutschland führte nun dazu, dass der Europäische Gerichtshof das EU-Recht auslegte. Demnach hat auch ein arbeitslos gewordener Wanderarbeiter ein Aufenthaltsrecht, und zwar aufgrund des Schulbesuches der Kinder. Aus diesem Aufenthaltsrecht folgten die Ansprüche auf soziale Leistungen. Das gelte auch, wenn das Aufenthaltsrecht der Kinder und das damit verbundene Aufenthaltsrecht des für sie sorgenden Elternteils ursprünglich aus der Arbeitnehmerschaft des späteren Arbeitslosen erwachsen sei.
Zwar gibt es laut Gerichtshof im EU-Recht die Möglichkeit, arbeitslose Ausländer schlechter als Inländer zu behandeln und von sozialen Leistungen auszunehmen. So solle dem Missbrauch sozialer Leistungen entgegengewirkt werden. Das sei aber nur in eng begrenzten Fällen wie etwa dem möglich, dass jemand tatsächlich allein deshalb ein Aufenthaltsrecht habe, um Arbeit zu suchen. Darüber hinaus stehe einem Wanderarbeiter in einer Lage wie der des Polen auch aufgrund eines weiteren EU-Gesetzes Gleichbehandlung zu, erklärte das Gericht.
Die deutsche Justiz muss den Fall nun im Lichte des Luxemburger Urteils entscheiden. Auch andere nationale Gerichte in der EU sind daran gebunden.