Dubai, Neu-Delhi (epd). In Indien sind mehr als 100.000 Menschen an den Folgen von Covid-19 gestorben. Das Land meldete am Samstag 79.476 Neuinfektionen, wie die Zeitung "Indian Express" berichtete. Insgesamt verzeichnet Indien damit knapp 6,5 Millionen Corona-Fälle, die zweithöchste Zahl nach den USA. Nirgendwo auf der Welt steigt die Zahl der Neuansteckungen schneller als in Indien. Das südasiatische Land beklagt zehn Prozent aller Corona-Toten weltweit. Nur die USA und Brasilien zählen mehr bestätigte Todesfälle. Jüngsten Antikörper-Studien zufolge dürften die Todes- und Infektionszahlen allerdings weit höher liegen.
Das Land mit mehr als 1,3 Milliarden Einwohnern könnte laut einer Antikörper-Studie des "Indian Council of Medical Research" (ICMR) bereits über 60 Millionen Corona-Fälle haben - zehnmal mehr als die offiziellen Zahlen angeben. Jüngsten Erhebungen des Instituts zufolge haben mehr als sechs Prozent der indischen Bevölkerung die Virus-Infektion bereits durchgemacht. In städtischen Armenviertel liegt die Rate sogar noch höher - bei über 15 Prozent. Verglichen damit hat die niedrige Corona-Todesrate in Indien zu Fragen nach der Verlässlichkeit der erhobenen Daten geführt: Mit nur 72 Corona-Toten auf eine Million Einwohnern liegt Indien deutlich unter dem weltweiten Durchschnitt von 131 Toten pro eine Million Einwohner.
Trotz des dramatischen Anstiegs der Neuinfektionen bleibt die Regierung bei ihrem Entschluss, weitere Corona-Einschränkungen zu lockern, nachdem Millionen Menschen im Zuge eines wochenlangen Lockdowns ihre Arbeit verloren haben. Indiens Wirtschaft ist zwischen April und Juni um fast 24 Prozent geschrumpft.
Indien hatte im März eine strikte Ausgangssperre für das gesamte Land erlassen, als nur ein paar Hundert Fälle registriert waren. Kritiker wenden ein, dass der lange Lockdown nicht genutzt wurde, um Krankenhäuser besser auszustatten und Test-Kapazitäten aufzubauen. Statt dessen habe der Lockdown zu einer Massenwanderung von Millionen Arbeitslosen aus den Städten auf das Land geführt, wo sich das Virus rasch verbreitet habe. Im Juni wurden trotz steigender Infektionszahlen die Beschränkungen schrittweise gelockert, um das Wirtschaftswachstum wieder zu beleben.