Expertin: Resozialisierung wird unnötig erschwert

Frankfurt a.M. (epd). Die ersten Stunden und Tage nach der Entlassung aus dem Gefängnis sind nach Expertenansicht für eine Wiedereingliederung in die Gesellschaft entscheidend. Dabei erschwerten viele strukturelle Probleme den Übergang von der Haft in die Freiheit, sagte Kornelia Kamla, Vorsitzende des Landeszusammenschlusses für Straffälligenhilfe in Hessen, dem Evangelischen Pressedienst (epd).

"Gerade Personen, die sehr lange inhaftiert waren, haben oft keinen Personalausweis, der aber zur Beantragung von Sozialleistungen benötigt wird", erklärte Kamla. Um ein biometrisches Foto zu beantragen und anfertigen zu lassen, müssten die Gefangenen von Beamten der Justizvollzugsanstalt (JVA) zum entsprechenden Amt gebracht werden. "Das ist sehr aufwendig und wird daher oft unterlassen." Gleichzeitig sei es vielerorts nicht möglich, dass die Behörde, die den Personalausweis ausstellt, Sprechzeiten in den Gefängnissen anbietet.

Eine besondere Schwierigkeit ist laut Kamla, dass für viele Betroffene unmittelbar nach der Entlassung kein Krankenversicherungsschutz besteht. "Inhaftierte in der JVA sind nicht krankenversichert, die Anstalt trägt die Kosten für ärztliche Behandlung", erläuterte Kamla. Die Krankenversicherung setze erst wieder ein, wenn Sozialleistungen beantragt werden: "Das ist im Voraus, also aus der Haft heraus, nicht möglich."

Die beiden Probleme bestünden "seit Jahrzehnten", kritisiert die Bewährungshelferin. Sie fordert, Hilfen zur Wiedereingliederung müssten frühzeitig in der Haft beginnen. Es gehe dabei primär um Hilfen zur Verbesserung der Gesundheit, zur Entschuldung sowie zur Integration in den Arbeits- und Ausbildungsmarkt.

"Die Verbesserung der Lebensumstände erhöht die Chancen für die Vermeidung vom Rückfall in die Kriminalität", unterstrich Kamla. Vor allen anderen Maßnahmen sei nach der Haftentlassung ein Dach über dem Kopf "unabdingbar" für die Wiedereingliederung. Notwendig seien Investitionen in den sozialen Wohnungsbau.