Berlin/Bonn (epd). Im Streit um ein Lieferkettengesetz wirft Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) Wirtschaftsverbänden und anderen Gegnern des Regelwerks Angstmacherei vor. Müller sagte bei der Bundestagsdebatte über den Entwicklungsetat 2021 am Mittwoch, dass er gemeinsam mit Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) eine "Mittelstandskomponente" in die Eckpunkte eingearbeitet habe. Damit solle Handwerkern und Mittelständlern die Angst davor genommen werden, die "zum Teil bewusst geschürt wird", dass sie die geplanten Sorgfaltspflichten nicht erfüllen könnten. Er betonte: "Wer jetzt noch sagt, es geht nicht, der will nicht."
Nach dem Willen von Heil und Müller soll ein Lieferkettengesetz große deutsche Unternehmen haftbar machen, wenn sie Ausbeutung von Beschäftigten und Umweltverschmutzung durch ihre ausländischen Zulieferer billigend in Kauf nehmen. Im Bundeskabinett wurden die Eckpunkte aber noch nicht behandelt, weil der Wirtschaftsminister Einwände hat. Peter Altmaier (CDU) bemängelt insbesondere, dass Betroffene rechtlich gegen die Firmen vorgehen könnten.
Müller betonte, dass bis heute - obwohl alle die UN-Konvention zum Verbot von Kinderarbeit unterstützten - 25 Millionen Kinder in Steinbrüchen, auf Plantagen und in der Textilwirtschaft schufteten. "Sie werden weltweit ausgebeutet", sagte der CSU-Politiker, unter anderem von Konzernen, die international, auch in Deutschland, tätig seien. Daher sei es höchste Zeit, ein Lieferkettengesetz auf den Weg zu bringen.
Mit Blick auf die deutsche staatliche Entwicklungshilfe in diesem Jahr äußerte Müller die Erwartung, dass erstmals die international angestrebte ODA-Quote von 0,7 Prozent der Wirtschaftsleistung erreicht werden könnte. Zuletzt lag die ODA-Quote für staatliche Entwicklungshilfe ohne Einrechnung der Kosten für Flüchtlinge in Deutschland bei etwa 0,5 Prozent des Bruttonationaleinkommens.
Im Bundeshaushalt 2021 sind für die öffentlichen Ausgaben für die Entwicklungszusammenarbeit knapp 19 Milliarden Euro vorgesehen. Das Entwicklungsministerium bekommt laut Entwurf gut 12,4 Milliarden Euro - was etwa dem Niveau dieses Jahres entspricht. Darin enthalten ist ein Teilbetrag der schon beschlossenen Corona-Soforthilfen für arme Länder. Der Bund hat dafür bis Ende 2021 vier Milliarden Euro zugesagt. Im Etat des Auswärtigen Amtes sind mehr als 1,9 Milliarden Euro für die humanitäre Hilfe veranschlagt. In Krisenprävention und Konfliktbewältigung sollen gut 400 Millionen Euro fließen.
Nach Ansicht des Experten für Entwicklungsfinanzierung, Bodo Ellmers, sollten in der Corona-Pandemie die Sozial- und öffentlichen Gesundheitssysteme armer Länder noch stärker unterstützt werden. "Dafür könnten zum Beispiel Gelder umgeschichtet werden, die als Garantien oder Subventionen für Privatinvestitionen vorgesehen sind", sagte der Direktor des Programms für nachhaltige Entwicklungsfinanzierung des Bonner Global Policy Forum dem Evangelischen Pressedienst (epd). Ellmers wies darauf hin, dass Mittel aus dem Etat des Entwicklungsministeriums zuletzt anstatt in die Sozialsysteme armer Länder verstärkt in die Wirtschaftsförderung geflossen seien.
Der Finanzexperte kritisierte mit Blick auf den Entwurf für den Etat 2021 die deutlichen Einschnitte bei den Geldern für die Vereinten Nationen und ihren Sonderorganisationen - und zwar "zu einer Zeit, in der sich die USA aus internationalen Verpflichtungen zurückziehen". Für UN- und internationale Nichtregierungsorganisationen sind im Entwicklungshaushalt für das kommende Jahr knapp 600 Millionen Euro vorgesehen - etwa 50 Millionen Euro weniger als in diesem Jahr. Ebenso gebe es Kürzungen beim Beitrag an den Globalen Fonds zur Bekämpfung von Aids, Tuberkulose und Malaria. Dafür sind in diesem Jahr 500 Millionen Euro vorgesehen, im Entwurf 2021 aber nur noch 350 Millionen Euro.