Berlin (epd). Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) hat den Vorschlag der EU-Kommission für eine neues Asylsystem begrüßt. Seehofer sagte am Mittwoch in Berlin, er wolle nun als deutscher Innenminister seinen Beitrag dazu leisten, dass es zu einer Lösung komme. Deutschland hat noch bis zum Jahresende die EU-Ratspräsidentschaft inne. Vor dem Hintergrund ablehnender Äußerungen aus Österreich und aus osteuropäischen Staaten appellierte Seehofer an die EU-Staaten, sich einem Kompromiss zu öffnen.
Die Äußerungen des österreichischen Bundeskanzlers Sebastian Kurz stimmten ihn "wirklich traurig", sagte Seehofer: "Das ist nicht, was Europa baut." Kurz hatte unmittelbar vor der Vorstellung der Asyl-Pläne durch Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen erklärt, die Verteilung von Flüchtlingen in der EU sei gescheitert. Dies lehnten so viele Staaten ab, dass es nicht funktionieren werde.
Zum Zeitplan sagte Seehofer, er hoffe, dass man auf einem Rat der EU-Innenminister im Dezember im Grundsatz zu einer politischen Verständigung kommen könne. Eine erste Beratung der Kommissions-Vorschlags durch die Innenminister werde am 8. Oktober in einer Videokonferenz erfolgen. Möglicherweise müssten sich auch die Regierungs-Chefs zu dem Thema zusammenkommen, sagte Seehofer. Die Migrationspolitik entscheide über das Schicksal Europas.
Die EU-Kommission hatte am Mittag in Brüssel die lange erwarteten Pläne für ein neues Asylsystem vorgestellt. Es soll die Verantwortung für Schutzsuchende besser verteilen, sieht aber keine verpflichtende Umverteilung auf alle Mitgliedstaaten vor. Asylbewerber sollen an den EU-Außengrenzen registriert werden. Während abgelehnte Bewerber direkt abgeschoben würden, könnte für die anderen Antragsteller eine Verteilung auf andere EU-Staaten folgen. Diese sollen freiwillig Menschen übernehmen. Alternativ sollen sie bei Abschiebungen helfen können. Für Zeiten größeren Migrationsdrucks oder Krisen sieht die Kommission vor, dass "jeder Mitgliedstaat in Solidarität Beiträge leisten muss".
Seehofer unterstützte ausdrücklich die Pläne, nicht schutzberechtigte Asylbewerber bereits an den Außengrenzen zurückzuweisen. Die Frage der Verteilung sei "eine völlig andere", so Seehofer, wenn die Mehrzahl der Menschen bereits an den Außengrenzen abgewiesen werden könne. Die Verfahren der Vergangenheit hätten gezeigt, dass zwei Drittel der Migranten nicht schutzberechtigt seien. Dennoch erwarte er schwierige Verhandlungen, was die Frage der Verteilung der Migranten angehe, sagte Seehofer. Die Kommission habe dafür indes eine gute Grundlage geliefert, indem sie je nach Migrationsgeschehen unterschiedliche Verteilmaßnahmen vorschlage.
Die EU-Kommission will mit den Plänen für eine neues Asylsystem eine Lösung im seit Jahren geführten Streit um die Aufnahme von Schutzsuchenden vorbereiten. Damit würde das Dublin-System abgeschafft, wonach das Land der ersten Einreise für Asylbewerber zuständig ist, also meist die Mittelmeeranrainer. Eine Reform ist durch die Feuer im Flüchtlingslager Moria auf Lesbos noch dringlicher geworden. Die Vorschläge werden nun vom Europaparlament und dem Rat bearbeitet, die zusammen das letzte Wort haben. Im Rat kann die Bundesregierung als amtierende Präsidentschaft noch bis Jahresende die Pläne vorantreiben. Eine 2016 gestartete Reform der Asylpolitik scheiterte, weil sich die Regierungen nicht einigen konnten.