Brüssel, Luxemburg (epd). Patienten können grundsätzlich auf einer Kostenerstattung für dringende ärztliche Behandlung in einem anderen EU-Staat bestehen, selbst wenn die Behörden des eigenen Landes vorab keine Genehmigung erteilt haben. Das geht aus einem Urteil des Europäischen Gerichthofes (EuGH) in Luxemburg vom Mittwoch hervor. Geklagt hatte ein Ungar, der wegen einer drohenden Erblindung erfolgreich in Deutschland operiert wurde. (AZ: C-777/18)
Der Mann hatte bereits das Augenlicht auf einem Auge verloren und war auf dem anderen an einem Glaukom erkrankt, wie der EuGH rekapitulierte. Seine Behandlung in Ungarn blieb ohne Wirkung. Daraufhin kontaktierte er Ende September 2016 einen Arzt in Recklinghausen, der ihn im Oktober erfolgreich operierte. In der Zwischenzeit war bei einer weiteren Untersuchung in Ungarn ein deutlich erhöhter Augeninnendruck festgestellt worden.
Nach der Behandlung wollte der Mann Kosten von den ungarischen Behörden erstattet bekommen, die dies wegen einer fehlenden Vorabgenehmigung des Eingriffes ablehnten. Der EuGH urteilte nun, dass die Kosten bis zur Höhe einer Behandlung im Heimatland grundsätzlich erstattet werden müssen, wenn die Behandlung zu dringend war, um eine Vorabgenehmigung abzuwarten. Ob dies hier der Fall war, müsse Ungarns Justiz klären.
Der EuGH erklärte ferner, dass die ungarische Vorschrift, die bei fehlender Vorabgenehmigung eine Kostenübernahme von Behandlungen in anderen EU-Staaten generell ausschließe, dem EU-Recht widerspreche. Sie verstoße gegen den Grundsatz des freien Dienstleistungsverkehrs und die Richtlinie über grenzüberschreitende Gesundheitsversorgung.