Erfurt (epd). Anrufe eines Arbeitnehmers zu Glücksspiel-Telefon-Hotlines mit dem Diensttelefon haben arbeitsrechtliche Konsequenzen. Dabei kann der Arbeitgeber einen schwerbehinderten Arbeitnehmer auch nach Ablauf der zweiwöchigen Frist für eine außerordentliche Kündigung noch entlassen, wenn er die Kündigung nach dann erteilter Zustimmung des Integrationsamtes "unverzüglich" ausspricht, entschied das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt in einem am Dienstag veröffentlichten Urteil. (AZ. 2 AZR 442/19)
Der als schwerbehindert geltende Kläger ist seit dem Jahr 2000 als Hausmeister beschäftigt. Als der Arbeitgeber im Januar 2018 feststellte, dass von Juni bis August 2017 insgesamt 2.756 Mal über die Telefonnummer des Klägers sowie über die eines Kollegen eine kostenpflichtige Glücksspiel-Hotline angerufen wurde, sollte dem schwerbehinderten Mann fristlos gekündigt werden. Er sollte zudem 1.913 Euro an Telefongebühren zurückerstatten.
Für die Anhörung des Klägers zur beabsichtigten Kündigung wartete der Arbeitgeber noch eine zweiwöchige krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit des Mannes ab. Dann bat er beim Integrationsamt um Zustimmung der Kündigung. Die Behörde entschied darüber nicht, so dass laut Gesetz nach zwei Wochen die Zustimmung als erteilt gilt. Es folgte noch die Unterrichtung des Betriebsrates und der Schwerbehindertenvertretung.
Die danach erteilte fristlose Kündigung hielt der Kläger für unwirksam. Diese müsse innerhalb von zwei Wochen nach Kenntnis des Arbeitgebers zu den Verfehlungen erfolgen. Die Frist sei aber verpasst worden.
Das BAG gab dem Arbeitgeber recht. Die Frist für eine außerordentliche Kündigung sei gewahrt worden. Zwar betrage diese zwei Wochen. Liege erst nach Ablauf der Frist die Zustimmung des Integrationsamtes vor, müsse der Arbeitgeber "unverzüglich" den Betriebsrat und die Schwerbehindertenvertretung anhören und die Kündigung aussprechen. "Unverzüglich" bedeute hierbei nicht "sofort", sondern "ohne schuldhaftes Verzögern". Dies sei hier der Fall. Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf müsse aber noch einmal prüfen, ob die Täterschaft des Mannes infrage komme und die Kündigung wirksam sei.