Berlin (epd). Abtreibungsgegner und -befürworter sind am Samstag bei Demonstrationen in Berlin aufeinandergetroffen. Die beiden politischen Lager kamen zeitgleich auf den gegenüberliegenden Seiten des Brandenburger Tores zusammen. Die Polizei hielt die Gruppen unter anderem mit Absperrgittern getrennt. Rund 950 Polizisten waren im Einsatz, wie die Polizei am Sonntag mitteilte.
Der Bundesverband Lebensrecht hatte zu seinem traditionellen "Marsch für das Leben" aufgerufen, um für den Schutz des ungeborenen Lebens zu demonstrieren. Laut Veranstalter nehmen daran 3.000 Menschen aus dem gesamten Bundesgebiet teil. Die Polizei sprach von rund 2.000 Personen. Zuvor waren vom Veranstalter rund 5.000 Teilnehmer erwartet worden.
Die Teilnehmer beim "Marsch für das Leben" trugen Schilder mit Sprüchen wie "Kindergeld für Ungeborene", "Zuwendung statt 'Sterbehelfer'" oder "Nie wieder 'unwertes Leben'". Unterstützt wurde die Veranstaltung auch von christlichen Gruppen und einigen führenden Kirchenvertretern. So kamen laut Bundesverband Lebensrecht unter anderem Grußworte vom Bischof der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsens, Tobias Bilz, vom katholischen Bischof des Bistums Dresden-Meißen, Heinrich Timmerevers, vom Landesbischof der Evangelischen Landeskirche in Württemberg, Otfried July, sowie vom Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing.
Laut Augenzeugenberichten waren beim "Marsch für das Leben" aber auch Teilnehmer, die antisemitische oder die Schoah relativierte Symbole trugen. Ein Teilnehmer trug nach Berichten des Berliner "Tagesspiegel" ein T-Shirt mit einem Davidstern-ähnlichen Zeichen, in dessen Mitte ein Embryo abgebildet war. Auch die Recherche und Informationsstelle Antisemitismus (RIAS) kritisierte via Twitter, dass bei der Veranstaltung in diesem Jahr erneut auf den offiziellen Plakaten der Organisatoren mit NS-Begriffen wie "unwertes Leben" und dem Slogan "Nie wieder" Schwangerschaftsabbrüche mit der Ermordung von Menschen im Nationalsozialismus gleichgesetzt würden.
In unmittelbarer Sicht- und Hörweite forderte das Bündnis für sexuelle Selbstbestimmung eine Entkriminalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen. Unter dem Motto "Leben. Lieben. Selbstbestimmt" sprachen sich die Teilnehmer für eine Streichung der Paragrafen 218 und 219a aus dem Strafgesetzbuch aus. Mit dem Gesetz würden Schwangerschaftsabbrüche von Ärztinnen und Ärzten kriminalisiert. Gefordert wurde zudem eine geschlechter- und kultursensible Sexualaufklärung für alle. Zum Bündnis gehören Beratungsstellen, Frauengruppen und Verbände. Die Zahl der Demonstrierenden lag bei knapp 1.000, wie Polizei und Veranstalter fast übereinstimmend mitteilten.
Im gesamten Stadtgebiet habe es insgesamt zehn Gegendemonstrationen gegeben, erklärte die Polizei weiter. Insgesamt habe es 19 vorübergehende Festnahmen und 15 Platzverweise gegeben.