Berlin (epd). Friedhöfe als Orte der Besinnung sind offenbar wieder im Kommen. "Wir können feststellen, dass immer mehr Menschen Friedhöfe als Ort der Erinnerung aufsuchen, sei es zum Gedenken an nahestehende Verstorbene oder an bekannte Persönlichkeiten und deren Geschichte", sagte der Geschäftsführer des Evangelischen Friedhofsverbandes Berlin Stadtmitte, Tillmann Wagner, dem Evangelischen Pressedienst (epd). Anlass seiner Äußerungen ist der Auftakt einer bundesweiten Kampagne zur Friedhofskultur in Deutschland, die auf Empfehlung der deutschen Unesco-Kommission als immaterielles Kulturerbe gilt.
Friedhöfe und die Friedhofskultur seien in den vergangenen Jahrzehnten immer weiter aus der Mitte der Gesellschaft gerückt, sagte Wagner: "Die Friedhofs- und Gedenkkultur war lange Zeit fast schon ein Tabuthema." Jahrelang hätten deutschlandweit Friedhofsträger versucht, diesen Trend umzukehren.
Am Sonntag (20. September) ist bundesweit der Tag des Friedhofs. Dazu finden in mehr als 100 Städten und auf mehr als 300 Friedhöfen Veranstaltungen statt. Der Evangelische Friedhofsverband Berlin Stadtmitte ist nach eigenen Angaben mit aktuell 46 Friedhöfen der größte konfessionelle Friedhofsträger der Stadt.
"Heute kann ich sagen, wir sind auf einem guten Weg. Friedhöfe werden wieder stärker wahrgenommen", sagte Wagner. Die Ernennung der deutschen Friedhofskultur als "immaterielles Kulturerbe" im März dieses Jahres sei ein weiterer Meilenstein, um darauf aufmerksam zu machen, "dass Trauern, Erinnern, Würdigen genauso wie das Gestalten, Pflegen und Weiterentwickeln Friedhofskultur ist".
Die Aufnahme der Friedhofskultur in das bundesweite Kulturerbe-Verzeichnis wurde unter anderem mit dem weltweit einmaligen Umgang mit den Toten begründet: "Zum einen die Einbettung der Gräber in Parklandschaften, zum anderen die Gestaltung der Gräber als kleine Gärten der Erinnerung", heißt es auf der Homepage der Initiative Kulturerbe Friedhof.
Als Problem bezeichnete Wagner die stetig steigende Anzahl an Urnenbeisetzungen. In Verbindung mit anderen Beisetzungsformen würden Friedhöfe "sozusagen verwaisen": "Der enorme Flächenüberhang und die damit einhergehenden Grünpflegekosten lassen sich kaum refinanzieren."