Berlin (epd). Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) will ungewollt Kinderlose stärker unterstützen. "Jeder kann sich vorstellen, wie groß die Verzweiflung sein muss, wenn sich der Wunsch nach einem Kind einfach nicht erfüllen will", sagte sie den Zeitungen der Essener Funke Mediengruppe (Mittwoch). "Kinderlosigkeit ist kein Makel, Kinderlosigkeit ist kein Tabu." Nach Angaben des Familienministeriums ist in Deutschland fast jedes zehnte Paar zwischen 25 und 59 Jahren ungewollt kinderlos.
Giffey reagierte damit auf die Studie "Ungewollte Kinderlosigkeit 2020" des Delta-Instituts für Sozial- und Ökologieforschung, über die die Funke-Zeitungen vorab berichteten. Das Institut befragte den Angaben zufolge 3.000 Frauen und Männer und führte zudem Intensivgespräche mit Frauen und Männern zwischen 20 und 50 Jahren.
Demnach findet rund jeder zweite Befragte, dass ungewollte Kinderlosigkeit stigmatisiert wird und ein gesellschaftliches Tabuthema ist. Dabei fühlten sich Frauen stärker belastet als Männer. Im Vergleich zu einer Untersuchung von 2013 seien Erfahrungen von Kinderlosigkeit als Makel um 19 Prozentpunkte auf 39 Prozent gestiegen, ein Gefühl von gesellschaftlicher Abwertung um 17 Prozentpunkte auf 31 Prozent.
"Genauso wichtig wie das Wissen um Verhütung ist das Wissen um die eigene Fruchtbarkeit", erklärte Giffey. Dass es in diesem Bereich größere Lücken gebe, sei auch ein wichtiges Ergebnis der Studie. "Wir müssen daher noch viel mehr darüber aufklären, wie sich die Fruchtbarkeit im Lebensverlauf ändert, was eingeschränkte Fruchtbarkeit bedeutet und warum sich eine Schwangerschaft nicht immer auf natürlichem Weg einstellt", sagte Giffey den Funke-Zeitungen.
Beim Thema Kinderwunschbehandlung warb die Bundesfamilienministerin dafür, sich beraten zu lassen. "Niemand muss Hemmungen haben, eine solche Beratung in Anspruch zu nehmen", sagte sie. Eine Kinderwunschbehandlung sei körperlich und emotional anstrengend.
"Wir können nicht garantieren, dass es mit einer Kinderwunschbehandlung klappt, aber wir können die finanzielle Belastung abmildern", erklärte Giffey. Seit 1. April 2012 stellt der Bund finanzielle Hilfen für Kinderwunschbehandlungen bereit. Dafür müssen sich Bundesländer mit einem eigenen Landesförderprogramm beteiligen. Bisher bestehen dem Ministerium zufolge solche Kooperationen mit Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen. Bis Ende des Jahres solle Bayern folgen.