Bildungsexpertinnen warnen vor "Negativspirale" an Kitas

Gütersloh (epd). Bildungsexpertinnen haben vor einer Verschlechterung der Kinderbetreuung in Kitas durch zu wenig Personal gewarnt. Kitas seien zunehmend von Personalengpässen betroffen, erklärte die Hagener Bildungsforscherin Julia Schütz am Mittwoch bei einer Online-Veranstaltung der Bertelsmann Stiftung. Der Personalmangel führe zu mehr Hektik und verhindere, auf Kinder individuell einzugehen. Die pädagogische Arbeit reduziere sich immer mehr auf die Erfüllung der Aufsichtspflicht. Nötig sei es daher, die Arbeitsbedingungen an Kitas zu verbessern. Die durch Personalmangel ausgelöste Negativspirale brauche eine größere Aufmerksamkeit, forderte Schütz.

Die die Bildungsexpertin der Bertelsmann Stiftung, Kathrin Bock-Famulla, kritisierte, trotz des Ausbaus von Kitas seien sowohl der Personalschlüssel als auch die Gruppengröße nicht kindgerecht. Etwa jede zweite Kindergruppe sei zu groß. "Wenn Kitas ihren Bildungsauftrag erfüllen sollen, müssen ihnen die entsprechenden Rahmenbedingungen zur Verfügung gestellt werden", sagte sie.

Auch die stellvertretende Bundesvorsitzende der Gewerkschaft komba, Sandra van Heemskerk, warnte davor, dass es durch Personalknappheit zunehmend um eine Absicherung der Betreuung gehe statt um eine hochwertige Bildungsarbeit. Oft würden bereits Auszubildende als Ergänzungs- oder als Fachkräfte berücksichtigt. Die Ausbildungszeit sei jedoch eine besondere Schutzzeit, unterstrich Heemskerk.

Die für den Ausbau der Kinderbetreuung zuständige Referatsleiterin beim Bundesfamilienministerium, Nora Damme, verwies darauf, dass im Kita-Bereich die Ausbildungskapazitäten hochgefahren worden seien und die Fachkräfte auch gut qualifiziert seien. Das Ziel sei aber noch nicht erreicht, räumte sie ein. Es fehlten noch immer Fachkräfte, der Faktor Ausbildung müsse gestärkt werden. Die meisten Kitas leisteten hervorragende Arbeit. Nötig sei jedoch eine bundesweite Gesamtstrategie. Daher werde sich der Bund am qualitativen Ausbau der Kitas auch weiterhin finanziell beteiligen.

Laut einer kürzlich veröffentlichten Studie der Bertelsmann Stiftung mit dem Titel "Ländermonitor Frühkindliche Bildungssysteme" kam im vergangenen Jahr rein rechnerisch eine pädagogische Fachkraft auf rund vier ganztags betreute Krippenkinder oder auf fast neun ältere Kindergartenkinder. Nach wissenschaftlichen Empfehlungen sollten sie jedoch für höchstens drei Kleinkinder oder 7,5 Kinder über drei Jahren zuständig sein. Auch die Gruppengrößen liegen demnach deutlich über den empfohlenen Größen von maximal zwölf Kindern im U3-Bereich und 18 bei den älteren Kindern.