Stamp: Flüchtlingszuzug 2015 war Merkel kommunikativ entglitten
28.08.2020
epd
epd-Gespräch: Nora Frerichmann

Düsseldorf (epd). Fünf Jahre nach dem Satz "Wir schaffen das" von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat der nordrhein-westfälische Flüchtlingsminister Joachim Stamp (FDP) die damalige Entscheidung zur Aufnahme syrischer Flüchtlinge verteidigt. Er habe die Aufnahme der Menschen, die im Sommer 2015 in Ungarn gestrandet waren, "damals als richtige und notwendige humanitäre Maßnahme wahrgenommen", sagte Stamp dem Evangelischen Pressedienst (epd). "Anders als von rechten Kreisen behauptet war das ja auch keine Grenzöffnung, sondern ein Selbsteintrittsrecht nach der Dublin-III-Regelung."

Allerdings seien kommunikative Fehler gemacht worden, kritisierte Stamp. Dazu zählten auch die Selfies, die Merkel mit Flüchtlingen gemacht habe. In vielen Ländern sei dies von Schleppern als Propaganda-Instrument missbraucht und als Generaleinladung verkauft worden: "Das ist der Kanzlerin kommunikativ völlig entglitten."

Zum großen Flüchtlingszuzug habe jedoch ein anderer Fehler geführt, der bereits ein Jahr zuvor begangen worden sei, betonte der FDP-Politiker: "Zugesagte Hilfsgelder für die Anrainerstaaten Syriens, die große Mengen von Flüchtlingen versorgt haben, wurden nicht wie vereinbart ausgezahlt." Dadurch sei es zu drastischen Kürzungen bei der Versorgung der Flüchtlinge gekommen, die sich deswegen dann auf den Weg nach Europa gemacht hätten.

Merkel hatte im Sommer 2015 entschieden, die Grenzen offen zu halten und die Flüchtlinge zunächst ohne Registrierung einreisen zu lassen. Angesichts des enormen Flüchtlingsandrangs sagte sie am 31. August 2015 den berühmt gewordenen Satz "Wir schaffen das". Deutschland sei stark genug, die geflüchteten Menschen aufzunehmen.