Studie: Meerwasser ist anders

Kiel (epd). Das Verhältnis wichtiger Elemente in heutigen Ozeanen ist deutlich variabler als bisher angenommen. Darum müsse die Ozeangeschichte neu geschrieben werden, heißt es in einer Studie der Kieler Christian-Albrechts-Universität (CAU) und des Geomar Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung, die am Freitag in Kiel veröffentlicht wurde. Bislang sei man bei der Rekonstruktion von Ozeantemperaturen in früheren Epochen von bekannten und konstanten Verhältnissen im Meerwasser ausgegangen, sagte Geomar-Experte Dieter Garbe-Schönberg. Hochpräzise Daten würden jetzt zeigen, dass diese Annahme nicht immer zutrifft.

Zur Beurteilung aktueller Entwicklungen im Ozean helfe ein Blick in die Vergangenheit. Dafür nutzen die Forscher auch "natürliche Archive" wie die Skelette von Organismen. In ihnen ist die Verteilung von Elementen wie Magnesium, Kalzium oder Strontium quasi "eingefroren". Diese Verhältnisse ermöglichen Rückschlüsse auf Meerwassertemperaturen und andere Umweltbedingungen aus lange vergangenen Zeiten.

Bislang ging man davon aus, dass diese Element-Verhältnisse im Ozean relativ konstant sind und sich nur sehr langsam über Millionen von Jahren verändern. Jetzt fanden die Forscher heraus, dass sich die Verteilung der Elemente in heutigen Ozeanen je nach Ökosystem deutlich unterscheiden kann. Dieser Umwelteffekt sei bislang übersehen worden, hieß es. Für die Studie haben Wissenschaftler aus mehr als zehn Ländern über neun Jahre auf 79 Schiffsexpeditionen weltweit 1.100 Proben entnommen. Analysiert wurden 14 verschiedene Ökosysteme von der Wasseroberfläche bis in 6.000 Metern Tiefe.

Es gebe große räumliche Unterschiede der Element-Verhältnisse im heutigen Ozean, fanden die Experten heraus. Dies sei nur schwer mit gängigen Vorstellungen vom Transport und der Vermischung von Wassermassen zu vereinbaren. Daraus ergeben sich laut Studie "große Herausforderungen" an die Ozeanphysik. Es gelte zu erforschen, was diese Variabilität verursacht. Dann ließen sich die Element-Verhältnisse besser für meereswissenschaftliche Disziplinen und Fragestellungen nutzen - besonders für Meeresregionen in Küstennähe und in hohen Breiten der Sub-Polargebiete. Dort müssten auch die Methoden zur Rekonstruktion der Ozeantemperaturen in der Vergangenheit entsprechend korrigiert werden.