Potsdam (epd). Das brandenburgische Verfassungsgericht überprüft auf Antrag der rechtsextremen NPD und der AfD das Paritätsgesetz des Bundeslandes für Landtagswahlen. In der mündlichen Verhandlung am Donnerstag in Potsdam betonten die Kläger, das Gesetz mit Frauen-Quoten für die Wahllisten der Parteien verstoße gegen die Freiheit der Parteien, ihre Kandidaten nach eigenen Grundsätzen auszuwählen. Es diskriminiere Männer und verstoße gegen das Grundgesetz und die Landesverfassung. Eine Entscheidung sollte am Donnerstag noch nicht verkündet werden.
Das Anfang 2019 beschlossene und Ende Juni des laufenden Jahres in Kraft getretene Gesetz verpflichtet die politischen Parteien, bei der Aufstellung ihrer Landeslisten für Landtagswahlen abwechselnd Frauen und Männer zu berücksichtigen. Es soll erstmals bei der Landtagswahl 2024 angewendet werden. Brandenburg ist mit den Neuregelungen bundesweit Vorreiter. Das Thüringer Verfassungsgericht hatte vor kurzem das Paritätsgesetz des Freistaates gekippt. Dort soll nun das Bundesverfassungsgericht entscheiden.
Die Kläger sähen unter anderem die Parteienfreiheit, die Chancengleichheit und die Organisationsfreiheit der Parteien, das Recht auf politische Mitwirkung und das Verbot der Ungleichbehandlung der Geschlechter verletzt, hieß es am Donnerstag in der Gerichtsverhandlung. Der Anwalt der NPD, Peter Richter, sagte, die Partei habe wegen ihres geringen Frauenanteils kaum Chancen, die Vorgaben zu erfüllen.
Neben den Landesverbänden von NPD und AfD haben für die AfD auch die Landtagsabgeordneten Andreas Kalbitz, Birgit Bessin, Lena Duggen und Daniel Freiherr von Lützow Anträge eingereicht. Kalbitz und Lützow nahmen nicht an der Verhandlung teil.
Die Anwältin des Landtags, gegen den sich die Anträge richten, betonte, das Paritätsgesetz sei "zweifellos eine Innovation im deutschen Wahlrecht". Wesentlich sei, dass innerhalb des Wahlrechts Chancengleichheit bestehe, sagte Anwältin Jelena von Achenbach. Das sei im Paritätsgesetz gewährleistet.
Brandenburg sei gemäß Landesverfassung verpflichtet, wirksame Maßnahmen zur Gleichstellung von Frauen zu ergreifen, sagte Achenbach. Dazu gehöre auch, etwas dagegen zu tun, dass Frauen im Parlament unterrepräsentiert seien. Das Paritätsgesetz sei deshalb "in vollem Umfang verfassungsgemäß". Die Demokratie bleibe ohne Geschlechterparität unvollendet, sagte Landtagspräsidentin Ulrike Liedtke (SPD). Das Paritätsgesetz sei deshalb "ein kleiner Schubser für große Umbrüche".
Vor Verhandlungsbeginn demonstrierten Befürworterinnen des Gesetzes für die Regelungen. Zu der Kundgebung unter dem Motto "Wir haben uns entschieden!" hatten der Frauenpolitische Rat und Brandenburgs Gleichstellungsbeauftragte Manuela Dörnenburg aufgerufen. Dem Frauenpolitischen Rat gehören nach eigenen Angaben verschiedene Verbände mit insgesamt rund 300.000 Mitgliedern an.