Berlin, São Paulo (epd). In Brasilien hat der Kongress das Veto von Präsident Jair Bolsonaro gegen eine allgemeine Maskenpflicht in öffentlichen Einrichtungen gekippt. In Geschäften, Kirchen, Schulen, öffentlichem Nahverkehr, Taxis und anderen öffentlichen Einrichtungen gilt demnach landesweit eine Maskenpflicht, wie die Tageszeitung "Folha de São Paulo" am Mittwochabend (Ortszeit) berichtete.
Gegen Maskenverweigerer soll ein Bußgeld erhoben werden. Die Höhe wurde allerdings nicht festgelegt. Bolsonaro, der in der Regel selbst das Tragen einer Maske verweigert, sagte, die Effizienz dieser Maßnahme sei "fast null". Allerdings steht diese Aussage in Widerspruch zu allen Gesundheitsexperten. Brasilien ist mit fast 3,5 Millionen Corona-Infizierten das Land, das nach den USA am schwersten von der Pandemie betroffen ist.
Der Kongress beschloss auch, dass in den besonders von der Pandemie betroffenen indigenen Gemeinden Wasser, Hygieneartikel und Aufklärungsmaterial zum Schutz vor einer Covid-19-Infektion verteilt werden sollen. Das staatliche Gesundheitswesen muss zudem sicherstellen, dass ausreichend Intensivbetten für infizierte Ureinwohner zur Verfügung stehen.
Auch gegen diese Maßnahmen hatte Bolsonaro sein Veto eingelegt. Das Coronavirus hat sich in den Gemeinden der brasilianischen Ureinwohner ungebremst ausgebreitet. Laut dem katholischen Indianermissionsrat Cimi sind bereits 678 Indigene an den Folgen einer Infektion gestorben. Die Sterberate unter den Ureinwohnern ist unter anderem wegen fehlender Gesundheitsversorgung 2,5 Mal höher als im Vergleich zur Gesamtbevölkerung.
Nach Angaben des brasilianischen Gesundheitswesens gibt es erstmals seit April vorsichtige Anzeichen, dass sich die Ausbreitung des Virus in Brasilien verlangsamt. Erstmals lag die Reproduktionszahl mit 0,98 unter 1,00. Die Gesundheitsbehörden meldeten allerdings zuletzt in 24 Stunden 1.170 Tote (Stand Mittwochabend). Damit stieg die Gesamtzahl der nach einer Corona-Infektion Gestorbenen auf mehr als 111.000.
Rund 3,5 Millionen Menschen in Brasilien haben sich offiziellen Angaben zufolge infiziert. Die Dunkelziffer liegt Experten zufolge aber um ein Vielfaches höher, da die Testkapazitäten in Brasilien sehr gering sind.