Mainz (epd). Die Qualität von Pflegeeinrichtungen in Deutschland wird laut einem Bericht infolge der Corona-Pandemie seit Mitte März kaum noch kontrolliert. Der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) habe seitdem lediglich 51 anlassbezogene Prüfungen in ganz Deutschland durchgeführt und damit 56 Prozent weniger als im Vergleichszeitraum der drei Vorjahre, berichtet das ARD-Politikmagazin "Report Mainz". Auch viele Heimaufsichten hätten eingeräumt, dass weniger anlassbezogen kontrolliert werde.
Der Koblenzer Sozialwissenschaftler Stefan Sell sagte, die Ergebnisse seien "vor dem Hintergrund, dass wir in den vergangenen Wochen und Monaten in vielen Pflegeheimen einen quasi rechtsfreien Raum hatten, dramatisch". Es habe lange niemanden gegeben, der geschaut habe, was mit den Menschen in Pflegeheimen passiert sei.
Dem Bericht zufolge hatte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) ab 19. März Regelkontrollen durch den MDK ausgesetzt. Hintergrund der Entscheidung war, dass das Personal in den Heimen entlastet und die Pflegebedürftigen vor Corona-Infektionen geschützt werden sollten. Spahn betonte damals: "Nur wenn die Pflegekassen über Missstände in einzelnen Einrichtungen informiert werden, sollen weiterhin anlassbezogene Prüfungen stattfinden." Solche Kontrollen werden allerdings laut "Report Mainz" oftmals auf Betreiben von Angehörigen veranlasst, die Qualitätsdefizite in der Pflege bemängeln. Wegen der Corona-Einschränkungen durften aber viele Angehörige wochenlang nicht mehr die Heime betreten.
Das Bundesgesundheitsministerium teilte nun laut "Report Mainz" mit, aktuell sei geplant, ab 1. Oktober wieder mit Regelkontrollen zu beginnen. Deren Aussetzung sei eine schwierige Abwägung gewesen zwischen dem Infektionsschutz auf der einen sowie der Sicherstellung eines ausreichenden Qualitätsniveaus in der Pflege auf der anderen Seite.