Berlin, Saarbrücken (epd). Immer mehr Menschen in Deutschland haben neuen Daten zufolge keinen Krankenversicherungsschutz. Die Zahl der Betroffenen habe sich innerhalb der vergangenen fünf Jahre auf 143.000 fast verdoppelt, teilte die Linksfraktion unter Berufung auf Daten des Statistischen Bundesamtes am Freitag in Berlin mit. 2015 traf dies noch auf rund 80.000 Menschen zu. Das Bundesgesundheitsministerium hat nach eigenen Angaben keine Hinweise auf die Ursachen, sagte ein Sprecher am Freitag in Berlin.
Er wies darauf hin, dass die Methodik leicht verändert wurde und der Anteil derjenigen, die bei der Befragung keine Angaben zum Versicherungsschutz gemacht haben, von mehr als 400.000 auf rund 150.000 stark zurückgegangen sei. Ob dies Ursache für die Veränderung der Zahlen ist, blieb aber offen. Das Ministerium behalte die Entwicklung aufmerksam im Blick, sagte der Sprecher.
Die Bundesregierung müsse dringend dafür sorgen, dass für jeden Menschen das Recht auf medizinische Versorgung gewährleistet werde, sagte die Sozialpolitikerin der Linken, Sabine Zimmermann, die die Daten abgefragt hat. Die Angaben basieren auf den Ergebnissen des Mikrozensus 2019. Dabei werden Fragen zur Krankenversicherung alle vier Jahre gestellt. Demnach waren 89.000 Männer und 55.000 Frauen ohne Versicherungsschutz. Zuerst hatte die "Saarbrücker Zeitung" (Freitag) über die Zahlen berichtet.
Zimmer sagte dem epd, es sei nicht akzeptabel, dass so vielen Menschen aufgrund einer nicht vorhandenen Krankenversicherung der reguläre Zugang zur Gesundheitsversorgung versperrt werde. Wie wichtig ein funktionierendes Gesundheitssystem ist, zeige sich aktuell in der Corona-Pandemie. Als Sofortmaßnahme müsse die Bundesregierung einen Fonds für die Behandlung von Menschen ohne Krankenversicherung einrichten. "Für freiwillig Versicherte, wie Selbstständige, muss die Krankenversicherung bezahlbar sein, unter anderem muss die Mindestbemessung für den Beitrag auf 450 Euro abgesenkt werden."
Zimmermann warb erneut für eine solidarische Gesundheitsversicherung, "in die alle Menschen einbezogen werden und sich entsprechend ihren Möglichkeiten an der Finanzierung beteiligen". Die Möglichkeit für Besserverdiener, sich aus der Solidargemeinschaft in die Private Krankenversicherung zu verabschieden, dürfe es künftig nicht mehr geben.
epd db/lwd nam