Karlsruhe (epd). Das von den Kommunen zu schulternde kommunale Bildungs- und Teilhabepaket für ärmere Familien ist teilweise verfassungswidrig. Der Bund bürde den Kommunen damit in unzulässiger Weise personelle und finanzielle Lasten auf, ohne ihnen entsprechende Ressourcen zur Verfügung zu stellen, erklärte das Bundesverfassungsgericht in einem am Freitag veröffentlichten Beschluss. (AZ: 2 BvR 696/12) Damit sei das im Grundgesetz verankerte kommunale Selbstverwaltungsrecht verletzt worden. Der Gesetzgeber muss das Bildungs- und Teilhabepaket nun bis Ende 2021 neu regeln. Bis dahin bleiben die bestehenden Vorschriften in Kraft.
Das Bundesverfassungsgericht hatte 2010 in seinem sogenannten Hartz-IV-Urteil dem Gesetzgeber aufgegeben, dass alle existenznotwendigen Bedarfe für ärmere Sozialleistungsbezieher in einem transparenten und realitätsgerechten Verfahren festgestellt werden müssen. Daraufhin wurde 2011 das Bildungs- und Teilhabepaket für Kinder aus Sozialhilfe- und Hartz-IV-Familien eingeführt. Dieses sollte unter anderem Kosten für Schulmaterial oder Nachhilfestunden abdecken. Die Regelungen im Sozialgesetzbuch (SGB) II für Hartz-IV-Leistungen und zum SGB XII (Sozialhilfe) wurden mehrfach geändert, zuletzt mit dem ab 2020 geltenden "Starke-Familien-Gesetz".
Die Beschwerdeführer, zehn kreisfreie Städte aus Nordrhein-Westfalen, hielten die Sozialhilfevorschriften für das Bildungs- und Teilhabepaket für verfassungswidrig. Sie müssten nun mehr Leistungen bezahlen und außerdem mehr Personal für die Bearbeitung der Leistungen aufbringen. Dem folgte das Bundesverfassungsgericht weitgehend. Der Bund habe das kommunale Selbstverwaltungsrecht verletzt. Danach dürfe der Bund den Kommunen nicht neue Aufgaben übertragen, ohne dass diese die hierfür notwendigen Ressourcen erhalten.
Zwar mussten die Kommunen auch vor den im Streit stehenden Regelungen etwa für mehrtägige Klassenfahrten oder die Ausstattung für persönlichen Schulbedarf aufkommen. Dass die Städte und Gemeinden dies weiterhin schultern müssen, sei nicht zu beanstanden.
Es seien aber neue Aufgaben hinzugekommen, für die die Städte und Gemeinden keine neuen Mittel vom Bund erhalten hätten. So müssten nun etwa auch Schulausflüge und nicht nur mehrtägige Klassenfahrten bezahlt werden. Auch könnten nun Kinder, die eine Kita besuchen, Leistungen aus dem Bildungs- und Teilhabepaket beanspruchen. Sozialhilfebehörden müssten mit personellem Mehraufwand prüfen, ob die Ansprüche angemessen und erforderlich seien.