Göttingen (epd). Im Zusammenhang mit dem Missbrauchsfall auf einem Campingplatz im nordrhein-westfälischen Lügde hat die Staatsanwaltschaft Anklage gegen einen Mann aus dem Landkreis Northeim in Südniedersachsen erhoben. Dem 48-Jährigen würden schwerer sexueller Missbrauch von Kindern und Jugendlichen sowie der Besitz von kinderpornografischen Schriften vorgeworfen, teilte die Göttinger Staatsanwaltschaft am Dienstag mit. Gegen den Mann wurden neun Strafverfahren eingeleitet, die sieben Opfer betreffen.
Der Beschuldigte, der seit März in Untersuchungshaft sitzt, hat sich den Angaben zufolge bislang nicht zu den Vorwürfen geäußert. Im Falle einer Verurteilung müsse er mit einer mehrjährigen Haftstrafe rechnen. Bei einer Hausdurchsuchung im März seien zudem 43 Datenträger mit digitalen Beweismitteln sichergestellt worden.
Die Ermittlungen sowie Videos und Bilder auf den Datenträgern hätten den Verdacht erhärtet, dass der Mann mehrere Kinder und Jugendliche missbraucht hat. Videobefragungen der Betroffenen hätten zudem weitere Anhaltspunkte auf regelmäßige sexuelle Übergriffe ergeben.
Die ausgewerteten Datenträger enthielten außerdem Chat-Nachrichten von Online-Portalen, in denen sich der 48-Jährige mit anderen Pädosexuellen ausgetauscht habe, hieß es. Ausgehend von dem Verfahren gegen den Mann seien 130 Strafverfahren wegen sexuellen und schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern, Vergewaltigung und Besitz von kinderpornografischen Schriften eingeleitet worden. Die Ermittler hätten 32 Beschuldigte identifiziert. Dabei handele es sich überwiegend um professionell agierende Täter, die sich mit Pseudonymen oder Fake-Personalien im Internet bewegten.
Im Fall des Kindesmissbrauchs auf einem Campingplatz in Lügde waren zwei Haupttäter im September 2019 zu Freiheitsstrafen von 13 und 12 Jahren mit anschließender Sicherheitsverwahrung verurteilt worden (AZ: 23 KLs 14/19). Laut Gericht hatten sich ein Mann, der auf einem Campingplatz im lippischen Lügde nahe der Landesgrenze zu Niedersachsen lebte, und der Mitangeklagte in rund 400 Fällen des Kindesmissbrauchs schuldig gemacht. Unter den Opfern war auch das Pflegekind des Hauptangeklagten. Der 48-jährige Northeimer soll Kontakt zu einem der Haupttäter gehabt haben.