"Schlaganfall-Kinderlotsen" helfen betroffenen Familien
04.08.2020
epd
epd-Gespräch: Dieter Sell

Bremen (epd). Mit zunehmendem Alter steigt das Schlaganfall-Risiko deutlich an. Doch kaum jemand weiß, dass auch Heranwachsende eine plötzliche und oft folgenschwere Durchblutungsstörung des Gehirns erleiden können. "In Deutschland gibt es jährlich bis zu 500 Schlaganfälle bei Kindern und Jugendlichen - ein Drittel davon bereits im Mutterleib oder während der Geburt", sagt der Bremer Maik Hohmann dem Evangelischen Pressedienst (epd). Er ist einer von zwei "Schlaganfall-Kinderlotsen" in Deutschland. Sie unterstützen Familien mit Kindern, die einen Schlaganfall erlitten haben.

Der 47-jährige Sozialarbeiter, der am Neurologischen Rehabilitationszentrum der Johanniter in Bremen arbeitet, weist einen Weg durch den Dschungel von Fragen, Therapiemöglichkeiten und Gutachten. Doch am Anfang stehe die Diagnose, die oft schwer zu stellen sei. "Es gibt wenig Ärzte, die sich darauf spezialisiert haben", meint Hohmann. "Man sagt ja, dass die Dunkelziffer der Betroffenen unter Kindern und Jugendlichen viel höher ist, dass etwa 50 Prozent gar nicht als Schlaganfallpatient erkannt werden." Das liege vielleicht auch daran, dass das Thema eben noch nicht so richtig publik sei.

"Nach so einem Schlaganfall gibt es natürlich erst mal eine unglaubliche Traurigkeit und Fassungslosigkeit, das Leben der betroffenen Familien wird auf den Kopf gestellt", schildert Hohmann die Situation. "Die Eltern fragen sich oft: Wie kann das meinem Kind passieren, wo es sich doch bisher ganz normal bewegt hat?" Dann sei es in erster Linie wichtig, zuzuhören. Es gebe großen Bedarf, sich mitzuteilen. "Das geschieht bei mir meist über das Telefon, manchmal auch per Mail."

In einem zweiten Schritt stehe die Frage im Raum, wie es weitergehen könne. "Dazu muss man wissen, dass es in Deutschland um die zehn Kliniken wie das Neurologische Rehabilitationszentrum Friedehorst gibt, die sich auf die Hilfe für schlaganfallbetroffene Kinder und Jugendliche spezialisiert haben."

Oft seien die Heilungschancen besser als bei Erwachsenen. "In jungen Jahren ist die sogenannte Neuroplastizität - das ist die Fähigkeit des Gehirns, sich neu zu organisieren - besonders ausgeprägt." Es habe schon schwer betroffene Kinder gegeben, die jetzt studierten. "Das gibt den kleinen Kindern und besonders den Eltern natürlich ganz viel Hoffnung." Eine langfristige Prognose sei immer schwierig. "Aber die Erfahrung zeigt, dass man oft positiv überrascht wird."

Finanziert wird die Beratung durch Spendenmittel der Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe in Gütersloh. Der Musical-Star Alexander Klaws engagiert sich als Botschafter der Stiftung für die Arbeit. Während Hohmann für den Norden Deutschlands zuständig ist, unterstützt seine Kollegin Franziska Schroll aus dem bayerischen Vogtareuth bei München Familien, die in den südlichen Bundesländern leben.