Berlin, La Paz (epd). In Bolivien haben Anhänger von Ex-Präsident Evo Morales landesweit Straßen aus Protest gegen eine erneute Verschiebung der Präsidentenwahl blockiert. In der Stadt El Alto kam es zu gewaltsamen Zusammenstößen zwischen Polizei und Morales-Anhängern, wie die Tageszeitung "Los Tiempos" am Montagabend (Ortszeit) berichtete. Die Sicherheitskräfte setzten Tränengas ein.
Boliviens Oberstes Wahlgericht hatte eine weitere Verschiebung der Präsidentenwahl wegen der Corona-Pandemie angeordnet. Die Wahl soll jetzt am 18. Oktober und nicht am 6. September stattfinden. Die Anhänger von Morales' sozialistischer Partei MAS halten die Verschiebung für verfassungswidrig und befürchten Nachteile für ihre Kandidaten.
Die MAS-Anhänger riefen die Zivilgesellschaft zu einem breiten Protestbündnis aus. Neben Straßen in El Alto besetzten sie Verkehrsknotenpunkte in Cochabamba, Oruro und weiteren Städten des Landes. Der Verkehr kam teilweise zum Erliegen. Die Demonstranten wollen erreichen, dass die Wahl am 6. September abgehalten wird. Der Kandidat der MAS, Ex-Wirtschaftsminister Luis Arce, führt letzten Umfragen zufolge in der Wählergunst mit zehn Prozentpunkten Vorsprung vor dem Mitte-Rechts-Politiker Carlos Mesa (Comunidad Ciudadana).
Auf Druck des Militärs war Morales im November vergangenen Jahres zurückgetreten. Seitdem ist Bolivien ohne gewählte Regierung. Die liberal-konservative Politikerin Jeanine Áñez erklärte sich allerdings zur Übergangspräsidentin. Die Opposition und internationale Wahlbeobachter hatten Morales Betrug bei der Präsidentenwahl vom 20. Oktober vorgeworfen, aus der er nach offiziellen Angaben als Sieger hervorgegangen war.
Mexiko bot Morales politisches Asyl an. Derzeit hält er sich in Argentinien auf. Die bolivianische Justiz erließ Haftbefehl gegen Morales. Ihm werden Terrorismus, Finanzierung von Terrorismus und Anstiftung zur Aufruhr vorgeworfen. Morales weist die Vorwürfe zurück.