Göttingen (epd). Die Gesellschaft für bedrohte Völker in Göttingen hat die Bundesregierung aufgefordert, sich mehr für die Glaubensgemeinschaft der Jesiden einzusetzen. So sei sie in der Pflicht, Bombenangriffe der Türkei auf die Heimat der Volksgruppe im nordirakischen Sindschar und dort auch auf Flüchtlingslager der Jesiden "zumindest scharf zu verurteilen", erklärte Referentin Lina Stotz am Sonntag. Die irakische Regierung sowie die internationale Gemeinschaft müssten im Sindschar dringend für Sicherheit und Wiederaufbau sorgen, damit die Geflüchteten zurückkehren könnten.
Am Montag (3. August) vor sechs Jahren hatte der Überfall der Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) auf die Jesiden begonnen. Schätzungen zufolge wurden dabei mindestens 5.000 jesidische Männer getötet sowie Tausende Frauen und Kinder verschleppt. Der Genozid wird derzeit von nationalen und globalen Institutionen aufgearbeitet.
Eine weitere Bürde für die Gemeinschaft sei, dass sich viele Frauen und Kinder noch immer in IS-Gefangenschaft befänden, sagte Stotz. "Fast 3.000 Jesidinnen sind noch in der Gewalt ihrer Entführer. Dazu kommen wohl Hunderte Kinder, die in Vergewaltigung gezeugt wurden. Diese Frauen und Kinder brauchen dringend Hilfe." Sie müssten in Sicherheit gebracht und humanitär sowie psychologisch versorgt werden. Auch hier sei die internationale Gemeinschaft in der Pflicht.
Jesiden zählen sich mehrheitlich zur Volksgruppe der Kurden. Sie sind aber keine Muslime, sondern bilden eine eigene Religionsgemeinschaft. Weltweit bekennen sich mindestens 800.000 Menschen zum jesidischen Glauben. Die Heimat der meisten Jesiden ist der Nordirak. Ihr Stammland ist die Sindschar-Region am gleichnamigen Gebirge. Schätzungen zufolge leben mehr als 200.000 Jesiden in Deutschland - es ist die größte Gemeinde außerhalb des Iraks. Das Jesidentum ist eine monotheistische Religion, deren Wurzeln bis 2.000 Jahre vor Christus zurückreichen.