Frankfurt a.M. (epd). Die SOS Kinderdörfer warnen vor einer Eskalation der Gewalt gegen Frauen und Mädchen in Nigeria. Durch die Ausgangsbeschränkungen während der Corona-Pandemie seien Opfer und Täter gezwungen, viel Zeit zusammen auf engem Raum zu verbringen, erklärte die Hilfsorganisation am Sonntag. Dadurch sei es zuletzt immer wieder zu brutalen Vergewaltigungen gekommen.
In den vergangenen Wochen wurden unter anderem die Fälle einer Massenvergewaltigung einer Zwölfjährigen und der Mord an einer 22-jährigen Studentin bekannt, die in einer Kirche vergewaltigt und danach erschlagen wurde. Im Juni riefen alle 36 Bundesstaaten den Notstand wegen der Zunahme von sexueller Gewalt aus. Sie einigten sich unter anderem auf eine Verschärfung der Gesetze.
"Das ist ein wichtiges Signal, aber es muss deutlich mehr passieren", sagte der Leiter der SOS-Kinderdörfer in Nigeria, Eghosa Erhumwunse, laut einer Erklärung vom Sonntag. Er forderte die Regierung auf, mehr für den Schutz der Opfer zu tun, so dass sich mehr von ihnen trauten, eine Anzeige zu erstatten.
Einem UN-Bericht vom Mai zufolge nahm die Zahl der Meldungen von sexueller Gewalt in Nigeria direkt nach der Verhängung von Ausgangssperren in allen Bundesstaaten zu, teilweise um fast 60 Prozent innerhalb von zwei Wochen. In der Millionenstadt Lagos hat sich die Zahl der Anrufe bei der Notrufstelle für Frauen in den ersten zwei Monaten der Corona-Krise dem Bericht zufolge verdreifacht. In dem bevölkerungsreichsten afrikanischen Land wurden laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) rund 43.000 Corona-Infektionen und 880 Todesfälle gemeldet.