Berlin (epd). Nach einem Anstieg der Infektionen mit dem Coronavirus soll es in Deutschland eine Testpflicht für Reiserückkehrer aus Risikogebieten geben. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) kündigte am Montag in Berlin die Anordnung einer entsprechenden Regelung an, die nach Angaben des Ministeriums voraussichtlich in der nächsten Woche in Kraft treten wird. "Wir müssen verhindern, dass Reiserückkehrer unbemerkt andere anstecken und so neue Infektionsketten auslösen", erklärte Spahn. Eine Testpflicht diene dem Schutz der Bürger. Die Tests sollen für die Reisenden kostenfrei sein.
Seit dem Wochenende waren Rufe nach einer Testpflicht für Reiserückkehrer lauter geworden. Man müsse aufpassen, dass aus vielen Einzelfällen keine zweite Infektionswelle werde, sagte der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) am Montag in München. Auch der nordrhein-westfälische Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) sprach sich für einen verpflichtenden Test aus. Er plädierte dafür, dass Reisende bei einer möglichen Testpflicht die anfallenden Kosten selbst tragen. Wenn jemand freiwillig in ein Risikogebiet fliege, dann sei das ein Eigenrisiko, betonte er.
Freiwillige Testmöglichkeiten gibt es in Deutschland bereits an einigen Flughäfen. Rückkehrer aus Risikogebieten sind verpflichtet, sich in eine 14-tägige Quarantäne zu begeben, sofern sie sich nicht freiwillig testen lassen und das Ergebnis dabei negativ ist. Auch an Bahnhöfen und Grenzübergängen sollen Test-Möglichkeiten verstärkt geschaffen werden.
Fraglich war, ob solche Tests angeordnet werden dürfen. Spahn selbst hatte noch am Wochenende von einer notwendigen rechtlichen Prüfung gesprochen. Laut Mitteilung des Ministeriums ist rechtliche Grundlage für die nun geplante Regelung Paragraf 5 des Infektionsschutzgesetzes, der das Ministerium bei einem erhöhten Infektionsrisiko unter anderem dazu befugt, Reisende zu einer ärztlichen Untersuchung zu verpflichten.
Kritik an der Testpflicht kam vom Bundesverband der Ärztinnen und Ärzte des Öffentlichen Gesundheitsdienstes. Einmalige Tests böten keine Sicherheit, sagte die Vorsitzende Ute Teichert den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Dienstag). "Wer sich an einem der letzten Reisetage, zum Beispiel bei der Abschiedsparty am Strand, angesteckt hat, muss am Tag der Rückreise noch keinen positiven Befund haben", erklärte sie. Unterstützung erhielt Spahn von der Deutschen Stiftung Patientenschutz. Nur auf Vernunft und Einsicht der Reisenden zu bauen, reiche offensichtlich nicht aus, sagte Vorstand Eugen Brysch.
Kanzleramtschef Helge Braun (CDU) appellierte an Urlauber, sich auch in der freien Zeit an die Kontakt- und Abstandsregeln zu halten. Wer das nicht tue, gehe nicht nur ein Risiko für sich selbst ein, sondern handele auch "gegen das Gemeinwohl", sagte er in Berlin. Zudem sei es bei einem Anstieg der Infektionszahlen im Sommer im Herbst umso schwieriger, "die Situation im Griff zu behalten", mahnte er.
Braun rief zudem zur Nutzung der Corona-Warn-App auf. Die technischen Probleme seien behoben worden, betonte er. Jüngst war bekanntgeworden, dass der Austausch der Schlüssel von positiv getesteten Nutzern in einigen Fällen nicht immer automatisch im Hintergrund funktionierte. Nach Angaben von Vize-Regierungssprecherin Ulrike Demmer hat es am Wochenende 173.000 Downloads der App gegeben. Insgesamt haben mehr als 16 Millionen Bürgerinnen und Bürger die App nach Regierungsangaben heruntergeladen.
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